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Mohamed ElBaradei

Foto: REUTERS/Jason Reed
Vor acht Jahren, als der ägyptische Jurist Mohamed ElBaradei Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) wurde, hielt sich das internationale Medieninteresse in Grenzen. Das, obwohl der Hergang seiner Bestellung damals durchaus spannend war, denn ausgerechnet Kairo hatte einen anderen Kandidaten aufgestellt, und ElBaradei, den sich viele Länder - auch die USA - gewünscht hatten, kam erst zum Zug, nachdem der andere Ägypter durchgefallen war. Und ElBaradeis Bestätigung vier Jahre später war nun gänzlich unspektakulär. 2005 ist alles anders. Das monatelange öffentliche Gezerre um ElBaradei hatte sich zuletzt zur Farce entwickelt: Eine Wahl im IAEO-Gouverneursrat gewinnt er locker, Gegenkandidat ist keiner in Sicht - und doch hätte bis zum Donnerstag so mancher nicht die Hand für seine Wiederbestellung ins Feuer gelegt. Washington wollte ihn nicht, offiziell aus formalen Gründen (dritte Amtszeit), de facto wegen mangelnder Willfährigkeit. Als Anlassfälle für den US-Groll auf ElBaradei werden gemeinhin Irak und Iran zitiert, aber das Problem ist in Wahrheit breiter gefasst. Es geht um das Verhältnis zwischen Supermacht und internationaler Organisation ganz allgemein. Insofern muss man ElBaradei schon einmal ganz prinzipiell dankbar sein für seine Leidensfähigkeit und Ausdauer, mit der er die USA gezwungen hat, Position zu ihm und zur IAEO zu beziehen. Herausgekommen ist, dass nicht nur ElBaradei die Zustimmung der USA braucht, um arbeiten zu können, sondern dass auch die USA letztlich nicht auf das Instrument IAEO verzichten können. Darüber, dass Washington jedoch weiter - eben über andere Wege (und Posten) - versuchen wird, die IAEO zu dominieren, braucht man sich auch keine Illusionen machen. (DER STANDARD, Print, 11./12.6.2005)