Klagenfurt - Vor 60 Jahren wurden auch die Häftlinge des KZ Loibl - einer Außenstelle von Mauthausen - aus den Fängen der NS-Mordmaschinerie befreit. Sie mussten die "ordentliche Beschäftigungspolitik" der Nazis als Sklavenarbeiter am eigenen Leibe erleben. Vom offiziellen Kärnten aus dem öffentlichen Geschichtsbild verdrängt, erinnert heute, Samstag, das Mauthausen-Komitee Kärnten/Koroska unter Vorsitz des Klagenfurter Uni-Professors Peter Gstettner an das Leiden der Zwangsarbeiter.

1652 Häftlinge mussten dort unter unmenschlichen Bedingungen, geschunden von den KZ-Kapos, den Loibl-Tunnel in den Karawankenfels treiben. Die Gedenkfeier, die auf Kärntner Seite erst seit zehn Jahren unter Beteiligung von KZ-und Opferverbänden stattfindet, ist heuer vor allem den Opfern aus Polen gewidmet.

Vereitelte Flucht

Als Ehrengäste wurden Thomas "Toivi" Blatt, Beteiligter am Häftlingsaufstand in Sobibór, und Stanislaw Wochal, Überlebender der Lager Auschwitz-Birkenau, Redl-Zipf und Loiblpass, eingeladen.

"Mein ganzer Körper war blau und schwarz von den vielen Hieben, die ich von den SS-Wachleuten bekam", erinnert sich Wochal. An Flucht habe er gedacht, doch diese sei in letzter Minute vereitelt worden. Sein damaliger "Helfer", ein "volksdeutscher" Aufseher habe Kontakte zu den Partisanen gehabt. "Er flog auf und wurde nach Mauthausen gebracht. Ich habe ihn nie wieder gesehen."

Innenministerin Liese Prokop und der polnische Gesandte Adam Halacinski halten die heurigen Gedenkansprachen. Das offizielle Kärnten glänzt wie schon bisher durch Abwesenheit.

"Es liegt mir persönlich am Herzen, darauf hinzuweisen, dass hier Menschen unter grausamsten Bedingungen zu Arbeitsmaschinen degradiert und bis zur physischen Vernichtung ausgenutzt wurden", sagt Prokop.

Der Bau des Loibl-Tunnels, der Kärnten und Slowenien verbindet, war ein "Herzensanliegen" des damaligen Gauleiters Friedrich Rainer gewesen. Seit 1943 schufteten hier vor allem Franzosen, aber auch Polen, Slowenen und Russen. Verletzte oder kranke Häftlinge wurden anfangs mittels Benzininjektion ins Herz getötet. Am Loibl wirkte auch der berüchtigte KZ-Arzt Sigbert Ramsauer, der unbehelligt bis ins hohe Alter eine Arztpraxis in Klagenfurt führen durfte.

"Zwei Dinge müssen uns die Schamröte ins Gesicht treiben", meint Peter Gstettner: "Die offenkundigen Geschichtslügen und die infame Täter-Opfer-Umkehr." Dass die Loibl-Häftlinge nach der Befreiung nicht im Tunnel eingeschlossen und "beseitigt" wurden, ist nur der Tatsache zu verdanken, dass ein Großteil der deutschen Wehrmacht sich vom Balkan über den Loibl zurückzog und versuchte, in englische Gefangenschaft zu kommen, um nicht der Rache der Partisanen zum Opfer zu fallen. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2005)