Wien - Sprichwörter gelten nicht immer. Schon gar nicht, wenn Arnie's Mind und Europgill aufeinander treffen. Denn auch wenn sich die zwei Traber schon oft im Rennen gestritten haben, ein Dritter hatte dabei praktisch nie was zu Lachen. Am Sonntag im Traberderby (73.000 €) in der Wiener Krieau hoffen gleich zehn Dritte. Aber warum sollte es diesmal anders als in den neun vorangegangenen Duellen der beiden Klassepferde sein, die den Traberjahrgang 2001 klar beherrschten. Fünfmal gewann in der direkten Konfrontation Europgill mit Besitzer Manfred Strebel, viermal war Arnie's Mind vorne.

Heuer muss Arnie's Trainer Wolfgang Ruth an der Barriere Daumen drücken - er ist gesperrt. An seiner Stelle sitzt sein ehemaliger Lehrherr Dieter Marz (61) im Sulky, der mit Arnie auch den Derby-Vorlauf quasi im Spargang (km-Zeit 1:17,9) gewann. Im zweiten Vorlauf war der alte Rivale Europgill mit 1:17,0 wesentlich schneller und ebenfalls klar voran. Die Überraschung kam im dritten Vorlauf, als Amateur Matthias Walcher mit seinem Prodream Venus, der bisher nur in den Bundesländern in Erscheinung getreten war, hoch geschätzten Konkurrenten in 1:16,9 die Eisen zeigte.

Walcher, Hotelier in der Ramsau und engagierter Amateurfahrer, führt die starke Leistung auf das behutsame Training den Winter über ("Da Schnee hat eam richtig taugt.") und die Zeit, die er dem Wallach im Vorjahr zum Wachstum gelassen hat, zurück. Profi Marz bleibt dennoch ganz ruhig: "Die Leistung war nicht gut genug." Über seine Taktik lässt der alte Fuchs nicht viel verlauten, aber es ist wohl anzunehmen, dass er die innerste Startnummer zu einer schnellen Führung nutzen will. Demgegenüber glauben Rennbahn-Kiebitze, dass Manfred Strebel diesmal mit Europgill ruhiger beginnen und erst in der letzten Phase des 2300-Meter-Rennens angreifen wird.

Anders, als man denkt

Strebel selbst, der als Amateur schon mit Nottingham 1994 das Derby gewann, ist "optimistisch, aber auch realistisch, und ich will keinesfalls meine Gegner unterschätzen". Die Leistung von Prodream Venus im Vorlauf schätzt Strebel - im Gegensatz zu Marz - "extrem stark, sehr toll" ein. Seine Taktik? "Kommt drauf an, wie sich das Rennen entwickelt. Meist spielt es sich eh ganz anders ab als man erwartet." Experten trauen auch dem vom Ex-Berliner Manfred Zwiener gesteuerten Roland Collombin - im Vorlauf Zweiter hinter Europgill - zumindest eine gute Platzierung zu. Sollte es also gerade im Derby doch den lachenden Dritten geben? (dol - DER STANDARD PRINTAUSGABE 11./12.6. 2005)