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Foto: Archiv
Lomografie - die Kunst, spontane Amateurbilder primitiver Schnappschusskameras als Kunst auszugeben - hat einen würdigen Nachfolger im Internet gefunden, und der heißt Flickr . Zugegeben, einen besonderen beruflichen Nutzen dieses Onlinedienstes konnte ich noch nicht entdecken. Aber in Anbetracht von Millionen digitaler Schnappschüsse in den bevorstehenden Ferienmonaten sei der Ausflug in ein privates Vergnügen gestattet. Denn Flickr ist wirklich urcool.

Genial einfache Oberfläche

An der Oberfläche (eine genial einfache Oberfläche, die an die Handschrift von Google erinnert, obwohl Flickr inzwischen zu Yahoo gehört) ist Flickr ein weiterer Onlinebilderdienst, um Fotos schnell ins Netz zu stellen und Freunden zeigen zu können. Das ist selbst für absolute Novizen simpel und in wenigen Minuten erlernt - vorausgesetzt, man scheut sich nicht vor der englischen Benutzerführung (es gibt derzeit keine deutsche Version).

Eigene Gratissoftware

Der Upload der Bilder vom PC oder Mac passiert über den Webbrowser oder, für größere Bildmengen, mit eigener Gratissoftware von Flickr. Bilder können auch gemailt oder von Fotohandys auf die Website gestellt werden.

Der richtige Spaß kommt jedoch mit der zentralen Funktion von Flickr, quasi raison d'etre des Angebots: Bilder herzuzeigen und den Betrachtern auch zu erlauben, ihren privaten Senf dazuzugeben. Das kann man sowohl im privaten Rahmen als auch im öffentlichen Raum tun: Für jedes Bild kann man bestimmen, ob es allgemein zugänglich ist oder nur einem geschlossenen Benutzerkreis von "Freunden" und "Familie", den man selbst definiert.

"Freunde", "Familie" oder "Public"

Damit diese "Freunde" oder die "Familie" an die Bilder kommen, lädt man sie zur Teilnahme ein; nicht registrierten Benutzern bleibt Flickr verschlossen. Dafür dürfen die Besucher am Spaß teilhaben: Sie können Bilder frei kommentieren; sehr witzig ist auch die Möglichkeit, Teile eines Bildes zu markieren und eine Anmerkung "dazuzukritzeln". Und die Bilder erhalten vom Fotografen "Tags", frei festlegbare Stichworte, nach denen man suchen kann - nicht nur unter den eigenen Bildern, sondern quer über die ganze Flickr-Website und ihre hunderttausenden Fotos, soweit sie öffentlich sind.

Daraus entsteht ein spannendes Phänomen: Nach Angaben des Betreibers sind 80 Prozent der Bilder auf Flickr öffentlich, und Leute stellen Bilder in Gruppen zusammen - eine Art kollektives Fotobloggen. Man kann z. B. nach "Barcelona" suchen und die tausenden Bilder als Slideshow ablaufen lassen. Über definierte Gruppen kann man Flickr dazu verwenden, dass mehrere Personen ihre Bilder vom selben Event in einem gemeinsamen Album zusammenführen können.

Grundversion gratis

Flickr ist in seiner Grundversion gratis; dabei gibt es Limits: Maximal 20 Megabyte Upload pro Monat; nur die 100 jüngsten Bilder sind sichtbar, nur drei Alben ("Sets") möglich. Wer auf den Geschmack kommt, kann sich um 24,95 Dollar einen "Pro-Account" kaufen, mit dem man monatlich zwei Gigabyte Bilder uploaden kann, bei unbegrenztem Speicherplatz und Archiv-Funktionen. Da haben dann auch alle Bilder vom nächsten Betriebsausflug Platz - also doch noch eine quasi berufliche Anwendung.(Helmut Spudich/DER STANDARD,Printausgabe vom 11./12.6.2005)