Kathmandu - Zeitungen bräuchten etliche Tage in die unwegsamen Gegenden, Fernsehsender sind in den Bergdörfern Nepals meist nicht zu empfangen - in dem Himalaya-Königreich ist immer noch das Radio die wichtigste Informationsquelle. Oder war es vielmehr, bis König Gyanendra nach seiner Machtübernahme am 1. Februar den 46 privaten UKW-Stationen verbot, Nachrichten zu senden. Damit schnitt der König einen Großteil seiner Untertanen vom aktuellen Zeitgeschehen ab - und er brachte zum Schweigen, was die Zeitschrift "Nepali Times" die "Stimme des Volkes" nennt. Das weltweit wohl einzigartige Radiosystem des Landes steht vor dem Aus.

Seit 1997 senden Privatstationen in Nepal. Zunächst verbreiteten sie Informationen in Sendungen wie dem "Kathmandu-Tagebuch" mehr versteckt als offen. Vor drei Jahren schließlich erstritten sie sich das Recht auf echte Nachrichtensendungen vor dem Verfassungsgericht. Den König interessierte das Urteil des höchsten Gerichts nach seinem Coup wenig. Die von ihm eingesetzte Regierung wirft Privatsendern vor, Propaganda der maoistischen Rebellen zu verbreiten, was nach Ansicht unabhängiger Journalisten vor Ort auf kaum eine Stationen tatsächlich zutrifft.

Angst vor der Reichweite

Ansonsten liefert Informationsminister Tanka Dhakal abwegig anmutende Argumente für die Restriktionen - etwa, dass private Radiosender im Rest der Welt schließlich auch keine Nachrichten senden dürften. Der Produktionsleiter des renommierten Privatsenders Kantipur FM, Prabhat Rimal, sieht ganz andere Gründe für das Verbot: "Die haben Angst vor der Reichweite, der Stärke und der Effektivität bekommen", sagt er. Seit Tagen protestieren Journalisten in Kathmandu friedlich gegen die Unterdrückung. Sie werden verprügelt und festgenommen - ihnen zuhören will die Regierung nicht.

"Die haben kein Interesse daran, mit uns zu reden", sagt Rimal. Schätzungen zufolge werden insgesamt rund 1.000 Mitarbeiter der Radiosender arbeitslos, wenn das Nachrichtenverbot aufrechterhalten wird. Die Sender klagen nun wieder vor dem Verfassungsgericht, und das Urteil der Richter könnte zur Überlebensfrage werden. Schon jetzt hat die Hörerschaft abgenommen, auf allen Kanälen dudelt nur noch Musik, die Werbeeinnahmen sind gesunken. "Es wird schwierig für die Stationen, ohne Nachrichten zu überleben", sagt Rimal.

Nicht nur die Radiosender hat der international kritisierte Coup des Königs hart getroffen. Die Zensur der ersten Tage nach der Machtübernahme - damals saßen Armeeoffiziere in Fernseh-, Radio- und Zeitungs-Redaktionen - wurde zwar gelockert. Doch nun plant der König angeblich ein Dekret, das auch das bisschen Freiheit für Zeitungen und Fernsehsender wieder zurücknimmt. "Bis zum 31. Jänner hatten wir die freieste Presse der Welt", sagt "Nepali Times"-Herausgeber Kunda Dixit. Mit Blick auf die Militärdiktatur südlich Nepals fügt er frustriert hinzu: "Über Nacht sind wir zu einem Burma geworden."

Möglicherweise allerdings geht die Politik des Königs - der seine Machtübernahme damit begründet hat, den seit fast zehn Jahren andauernden blutigen Konflikt mit den Maoisten lösen zu wollen - nach hinten los. Den Nachrichten des staatlichen Senders Radio Nepal traut kaum jemand. "Sie sind überhaupt nicht glaubwürdig", sagt Dixit. Stattdessen drehen die Menschen auf dem Land den Knopf des Empfängers einfach etwas weiter - bis sie die Propaganda der mobilen Rebellen- Sender hören. "Mit dem Stopp der Nachrichten", sagt Dixit, "hat man letztlich den Maoisten geholfen." (APA/dpa)