Luxemburg - Im Streit um die künftigen EU-Beiträge der Mitgliedstaaten gehen die Verhandlungen in die heiße Phase. Vier Tage vor dem entscheidenden EU-Gipfel wollten die 25 Außenminister am Sonntagabend in Luxemburg auf einem Sondertreffen die Chancen einer Einigung ausloten. Mit einem Durchbruch wurde nicht gerechnet.

Der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski sprach sich derweil dafür aus, die Ratifizierung der EU-Verfassung fortzusetzen. Polen plane seine Volksabstimmung am 9. Oktober, sagte er im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Beim europäischen Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel soll eine Einigung auf den Finanzrahmen für die Jahre 2007 bis 2013 gefunden werden. Ob der Durchbruch bei dem Gipfel gelingt, ist nach wie vor ungewiss. Vor allem im Streit um den britischen Rabatt von durchschnittlich 4,6 Milliarden Euro pro Jahr auf den EU-Beitrag zeichnet sich keine Lösung ab.

Chirac schloss Kürzungen des EU-Haushalts aus

Premierminister Tony Blair deutete am Freitag zwar an, dass er bei Änderungen vor allem bei Subventionen für den Agrarbereich auch zu Verhandlungen über den Rabatt bereit sei. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac schloss Kürzungen des EU-Haushalts aber aus. Am (morgigen) Montag will Blair in Berlin mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zusammenkommen.

Umstritten sind aber auch die künftigen Ausgaben der EU. Hier fordern die sechs großen Nettozahler Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Schweden, die Niederlande und Österreich, die Zahlungen gemäß den heutigen Ausgaben auf 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen, während die EU-Kommission und viele Empfängerländer auf eine deutliche Steigerung der Ausgaben auf 1,26 Prozent bestehen. Das Europäische Parlament hat als Kompromisslinie 1,07 Prozent in die Diskussion geworfen.

Deutschland will mehr zahlen

Die deutsche Bundesregierung ist laut "Welt am Sonntag" bereit, zusätzlich 400 bis 500 Millionen Euro pro Jahr für den EU-Haushalt bereitzustellen. Nach dem jüngsten Kompromissvorschlag von EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker müsse Deutschland allerdings insgesamt zwei Milliarden Euro mehr leisten. Die fehlenden rund 1,5 Milliarden Euro sollten womöglich über eine Senkung der nach Brüssel gezahlten Mehrwertsteuer aufgebracht werden, berichtete das Blatt unter Berufung auf Regierungskreise.

Ein Sprecher des Finanzministeriums wollte sich zu den Zahlen während der laufenden Verhandlungen nicht äußern. Er verwies auf die mehrfach geäußerte Kompromissbereitschaft von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Nach einer Umfrage ist gut die Hälfte der Deutschen allerdings für eine Senkung der deutschen EU-Beiträge.

Vorbehalte gegenüber EU steigen

Auch in Deutschland gibt es Umfragen zufolge große Vorbehalte gegen die Europäische Union: So sprach sich bei einer TNS-Emnid-Umfrage im Auftrag von "Focus" eine breite Mehrheit von 78 Prozent für ein Einspruchsrecht des deutschen Bundestags gegen EU-Gesetze aus. Mit 53 Prozent immer noch mehr als die Hälfte will danach zudem die deutschen Beiträge zum EU-Haushalt senken, 37 Prozent wollten sie gleichhalten, sechs Prozent erhöhen.

Die jetzt in Frankreich und den Niederlanden in Volksentscheiden gescheiterte EU-Verfassung wird ebenfalls von mehr Deutschen (43 Prozent) abgelehnt als gut geheißen (40 Prozent), wie eine TNS-Infratest-Umfrage im Auftrag des "Spiegels" ergab. (APA/AP)