Bern - Mit dem Fahrplanwechsel 2004 haben die SBB auch eine 45 Kilometer lange Hochleistungsstrecke, die die Fahrt zwischen den großen Zentren Zürich, Bern und Basel auf weniger als eine Stunde verkürzte. Nächste Großprojekte sind zwei neue Alpentunnel - einer am Lötschberg, der 2007 fertig werden soll, der zweite am St. Gotthard, der 2015 in Betrieb gehen wird. Die Schweiz gibt dafür in Summe 30,5 Mrd. Franken aus - umgerechnet knapp 20 Mrd. Euro, die der Staat der SBB aus Lkw-Mauteinnahmen, Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer-Einnahmen zur Verfügung stellt.

Kritik an ÖBB-Finanzierungsmodell

Weibel ist mit dieser Finanzierung "absolut glücklich", auch wenn der Staat die Mittel "sehr knapp" halte. Das ÖBB-Finanzierungsmodell, wonach sich die ÖBB für den Neubau verschulden müssen (wobei der Bund die Haftung trägt, Anm.), würde der Schweizer dagegen "als Bahnchef nicht wollen". Dies habe deutliche Auswirkungen auf die Finanzstruktur der Bahn. Unterm Strich sei es "nur eine Frage der Zeit, bis der Staat wieder einspringen muss".

Für das geplante Milliardenprojekt Brenner-Basistunnel sei die Finanzierung für ihn jedenfalls noch unklar. Eine Realisierung des neuen Eisenbahntunnels durch den Brenner bis 2015, wie von Vizekanzler Hubert Gorbach (B) angekündigt, hält Weibel deshalb für "völlig realitätsfern", auch wenn er den Tunnel an sich für sinnvoll hält - nicht nur im Güter-, sondern auch im Personenverkehr.

Lob für ÖBB-Nebenbahnen-Finanzierung

Als "hervorragend" bewertet er die geplante Reformen im Bereich der ÖBB-Nebenbahnen-Finanzierung. Wie in der Schweiz schon üblich, sollen künftig auch in Österreich die Länder und nicht mehr die ÖBB direkt vom Bund die Mittel zur Bahnförderung erhalten. Weibel zum System: "Wir machen den Kantonen ein Angebot, die können dann vergleichen und entscheiden, ob sie weiter die Bahn bestellen und zahlen wollen oder nicht."

Nichts hält der SBB-Chef dagegen von den Plänen der ÖBB für einen neuen "Prämiumzug". Wie berichtet wollen die ÖBB bis 2008 für rund 300 Mio. Euro 20 neue Hochgeschwindigkeitszüge anschaffen. Für eine Fahrt mit dem Luxuszug wird der Fahrgast allerdings einen erhöhten Tarifen zahlen und eine Platzreservierung haben müssen.

Weibel meint dazu: "Solche Züge gab es quer durch Europa schon in den 50er und 60er-Jahren, selbst die SBB hatten eine 'Super 1. Klasse'. Aber alle sind kolossal gescheitert und ökonomisch nie geflogen." Fahren ohne vorherige Platzreservierung sei eine der wesentlichen Vorzüge der Bahn. Was die Fahrgäste wollten, sei außerdem kein Luxus, sondern "ein dichtes und verlässliches Angebot", so der SBB-Chef.

Zweifel für Logistikaktivitäten

Zweifel hegt Weibel auch an den zunehmenden Logistikaktivitäten der europäischen Bahnen. Auch der größte US-Frachteisenbahn-Konzern, die Union Pacific, habe ihren Speditionsbereich wieder verkauft - mit der Einsicht, dass sie "nie UPS werden" würden. Der Schienengüterverkehr sei "per se schon ein schwieriges Geschäft". Die SBB würden sich daher ausschließlich darauf spezialisieren, "was sie wirklich können", und versuchen, ihr Kerngeschäft Gewinn bringend zu betreiben, betont der Bahn-Manager.

Die ÖBB-Cargo bezeichnet er an sich aber als "hervorragend Richtung Osten positioniert". Eine Beteiligung der Schweizer am ÖBB-Güterverkehr schließt Weibel aber aus. "Wir haben einen knappen Faktor und der ist Cash. Daher wären wir gar nicht dazu in der Lager", betont er. Umgekehrt hält er einen Einstieg der Österreicher bei der SBB Cargo für möglich. "Bei der SBB Cargo wird sich auf der Kapitalseite sicher in absehbarer Zeit etwas tun. Denkbar ist dabei grundsätzlich alles", so Weibel.

Kooperieren werden ÖBB und SBB auch anlässlich der schweizerisch-österreichischen Fußball-EM 2008. "Hier wird es sicher gemeinsame Züge geben", sagte Weibel. Noch dieses Monat wird ÖBB-Holding-Vorstand Martin Huber in die Schweiz reisen, um Details zu erörtern. (APA)