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Die im Irak entführte französische Reporterin Florence Aubenas ist frei.

Foto: AP/Liberation/ Marc Chaumeil
"Ich heiße Florence Aubenas. Ich bin Französin. Ich bin Journalistin und arbeite für Libération", sagte eine abgekämpft wirkende Frau, der die Haarsträhnen bis über die Augen hingen und die in verdreckten Kleidern steckte. Angst schwang in der Stimme mit, als sie fortfuhr: "Um meinen Gesundheitszustand steht es schlecht. Mir geht es auch psychisch sehr schlecht. Helft mir! Es ist dringend!"

Dieser Aufruf ging am 1. März um die Welt - und den Franzosen unter die Haut. Es war das erste Lebenszeichen von Florence Aubenas (44) nach fast zwei Monaten. Die Französin war mit ihrem Dolmetscher Hussein Hanoun Anfang Jänner in Bagdad auf offener Straße entführt worden. Die kriegserfahrene Reporterin (sie war unter anderem in Ruanda, Kosovo, Afghanistan) galt als sehr vorsichtig. Sie hatte ihr Hotel in Bagdad verlassen, um eine Reportage über irakische Wählerinnen zu erstellen. Im Unterschied zu den französischen Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot, die im zweiten Halbjahr 2004 im Irak verschleppt worden waren, sprach sie aber kein Arabisch und war in einem ihr unbekannten Land unterwegs.

Die Regierung und zum Beispiel auch der Leiter der Moschee in Paris erließen zwar schon im Januar Aufrufe zur Freilassung. Libération mobilisierte alle Mittel, musste aber Ende Januar einräumen, dass nur "die Überzeugung, nicht aber eine absolute Sicherheit" bestehe, dass die Redakteurin am Leben sei.

Bis am 1. März das Video publik wurde. Der Erleichterung wich sofort die Sorge um die Befindlichkeit der so lebensmutigen Journalistin. Dies umso mehr, als sie in dem Videoband sonderbarerweise mehrmals den Abgeordneten Didier Julia zu Hilfe bat. Der Hinterbänkler der französischen Regierungspartei UMP war im Herbst kläglich gescheitert, als er auf eigene Faust versuchte, Chesnot und Malbrunot freizukriegen. Der Irak-erfahrene Malbrunot vermutete, es handle sich um ein Codewort.

Aubenas, in Belgien als Tochter eines französischen Diplomaten geboren, arbeitet seit 19 Jahren bei Libération. Für die Berichterstattung aus dem Irak hatte die Zeitung einen Pool aus zehn Reportern gebildet, die einander in Bagdad ablösten. Aubenas war am 16. Dezember eingetroffen und sollte im Jänner nach Paris zurückkehren.

Ihren Beruf erlernte sie an der Pariser Journalistenschule Centre de Formation des Journalistes (CFJ), die sie 1984 abschloss. Neben Reportagen verfasste Aubenas als Koautorin mehrere Bücher, etwa über den Völkermord in Ruanda, die Mechanismen des Medienmarktes und die Globalisierung. Aubenas ist ledig und für ihren Unabhängigkeitsdrang sowie für mutige Stellungnahmen auch im Redaktionsalltag der Libération bekannt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.06.2005)