Billie Joe Armstrong von Green Day beendete mit einem mitreißenden Auftritt das Festival Nova Rock.

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Nickelsdorf - Der Regenbogen, den die untergehende Sonne in der Umbaupause vor Green Day mit seinem kitschig-perfekten 180-Grad-Bogen in die abziehenden grauen Wolken malte, mag ein Zeichen gewesen sein. Eine kleine Geste der Natur als Wiedergutmachung für das Sauwetter an den Tagen davor. Als knöcheltiefer Schmutz, vom Wind verwehte Zelte und andere Festivalwidrigkeiten zur Belastungsprobe wurden. Michel Attia, der diese Tage am Stand des Radiosenders FM4 verbracht hat, freute sich jedenfalls über jede Menge verkaufte lange gelbe FM4-Unterhosen. Des einen Leid, des anderen Freud.

Vier Tage hielten manche in der burgenländischen Pampa aus. Angelockt vom Rock 'n' Roll und seinen Kindern ließen sich über 100.000 Besucher in abwechslungsloser Ebene nieder. Als Landschaft dienten Strommasten, ein Kran zum Bungee jumpen, mobile Klos und die riesige Bühne im Zentrum dieser namenlosen Stadt, die ihr Bestehen dem heuer erstmals veranstaltetem Festival Nova Rock schuldete.

Gleichzeitig leitete der Regenbogen das Ende des Auftriebs ein, das die US-Punk-Popper Green Day markierten. Punk-Popper. Man muss das leider so dämlich formulieren, weil beim Punk für manche bis heute Reinheitszertifikate gelten. Was bedeutet, dass Punk und Erfolg als unvereinbar gelten. Eine etwas mühsame Diskussion, die im Wesentlichen geschmäcklerisch ist. Jedenfalls haben Green Day in den 90ern Punk in einer poppigen Version im Vakuum nach Grunge massentauglich gemacht. Der Band, die hier nach dem Intro von Also sprach Zarathustra von Richard Strauss auf die Bühne tobte, dürften derlei Diskussionen ziemlich egal sein.

Sie eröffneten mit American Idiot, dem Titelsong ihres aktuellen Albums, mit dem die Band aus Kalifornien nach einer Durststrecke wieder an die Spitzen der Verkaufscharts schoss. Ihm folgte Jesus of Suburbia, bei dem die Formation um Frontmann Billie Joe Armstrong Johnny Cashs Ring Of Fire eingebaut hat - und das von seiner Länge her schon gar nicht mehr mit einem dogmatischen Punk-Verständnis zusammengeht. American Idiot ist eine Kampfansage an die Regierung Bush, dem der Song Holiday mit den viel bejubelten Worten "This song is for fucking George W. Bush" gewidmet wurde.

Damit pflegte die live fünfköpfig agierende Band nicht nur die Stimmung, sondern auch ihr neu gewonnenes Image als intelligente Band. Darüber könnte man jetzt tatsächlich streiten. Fakt ist jedoch, dass Green Day ihr Erfolgsrezept, die ruppigen Dreiminüter, nun tatsächlich stellenweise verlassen und als nun auch schon etwas erfahrenere Band nicht nur über simple Freuden oder Herziweh singen, sondern anlassbedingt wütend politisch sind.

Ob man sie nun schätzt oder nicht - stimmungsmäßig waren sie ein mehr als würdiger Abschluss - gerade im Vergleich zu den neobiedermeierischen Schweden von Millencolin und deren Fun-Punk davor. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.06.2005)