Mehr Transparenz
Das Staatsoberhaupt hat "im Sinne der berechtigten Forderung nach mehr Transparenz" seine Überlegungen zum EU-Verfassungsvertrag in einer "Einsichtsbemerkung zum Akt" festgehalten. Darin verweist Fischer darauf, dass der EU-Verfassungsvertrag das Ergebnis eines Kompromisses sei, mit dem naturgemäß nicht alle Beteiligten völlig zufrieden seien. Aber es handle sich um einen "vernünftigen Kompromiss", der gegenüber dem bestehenden System wesentliche Verbesserungen bringe. Dabei nannte der Bundespräsident einen verbindlichen Grundrechtskatalog einschließlich sozialer Grundrechte, eine Aufwertung des europäischen Parlaments, eine Vereinfachung der Entscheidungsmechanismen und der Willensbildung oder die Möglichkeit eines europäischen Volksbegehrens.
Volksabstimmung wäre möglich gewesen
Zur Kritik mancher Stellen in Österreich, dass über den Abschluss des Verfassungsvertrags keine Volksabstimmung stattgefunden habe, sagte Fischer, eine solche wäre zwar nicht über den Vertrag selbst, wohl aber über das zum Vertragsabschluss ermächtigende Bundesverfassungsgesetz vom März 2005 möglich gewesen. Nach österreichischem Verfassungsrecht liege die Initiative zur Volksabstimmung auf Bundesebene aber im parlamentarischen Bereich und eine solche Initiative sei - im Unterschied zur Vorgangsweise beim EU-Beitritt 1994 - nicht ergriffen worden.
Da eine Volksabstimmung über das Bundesverfassungsgesetz vom 2. März 2005 möglich gewesen wäre, nicht aber über den Verfassungsvertrag selbst stattfinden könne, "war nunmehr die Unterzeichnung der Ratifikationsurkunde rechtlich nur konsequent". Fischer betonte, dass auch keine zwingenden rechtlichen Gründe für die Verweigerung der Ratifikation bestünden. Die von einzelnen Experten vertretene Auffassung, dass eine Gesamtänderung der Bundesverfassung vorliege, die aus diesem Grund einer Volksabstimmung unterzogen werden müsste, teilt der Bundespräsident nicht. "Einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs wird in keiner Weise vorgegriffen".
Auswirkungen auf den Staatsvertrag