Wien – Die neue Parteifarbe mag Orange sein, im Verhalten unterscheidet sich das BZÖ aber nicht von der FPÖ: Jörg Haider droht der ÖVP von außen – und Hubert Gorbach relativiert die Drohungen und stellt sich auf die Seite des Koalitionspartners. So wollte Gorbach am Dienstag nach dem Ministerrat Haiders scharfen Kurs in der Frage der EU-Finanzen nicht mittragen: Haider pocht darauf, dass Österreich höchstens 1,0 Prozent des Bruttonationaleinkommens an Beiträgen zahlen dürfe – ansonsten seien auch vorgezogene Neuwahlen nicht ausgeschlossen. Gorbach hingegen kann sich, wie Kanzler Wolfgang Schüssel und Finanzminister Karl-Heinz Grasser, eine Erhöhung auf 1,06 Prozent des Nationaleinkommens vorstellen.

Damit liegt Gorbach auf einer Linie mit Schüssel, der seine Verhandlungslinie vage so skizzierte: "Wir gehen mit einer gewissen Flexibilität hinein." Was er von Haiders Drohungen halte, beantwortete Schüssel so: Er werde sich beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag bemühen, gut für Österreich zu verhandeln – "die kleinen Themen der österreichischen Innenpolitik diskutieren wir später".

Nettobeitrag steigt

Österreich hatte lange gefordert, die Beitragszahlungen auf 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen – das hätte netto jährlich Zahlungen von durchschnittlich 890 Millionen Euro bedeutet. Der aktuelle Vorschlag der luxemburgischen EU-Präsidentschaft für das EU-Budget 2007 bis 2013 (1,06 Prozent) hat laut Grasser Zahlungen von rund 910 Millionen zur Folge.

Egal wie geschickt Schüssel verhandelt – Österreichs Nettobeiträge an den Gemeinschaftshaushalt steigen auf jeden Fall. Im Vorjahr zahlte Österreich netto rund 400 Millionen. Aufgrund der EU-Erweiterung steigt der Betrag 2005 und 2006 auf etwa 500 Millionen Euro (siehe Grafik).

Der große Sprung in Österreichs Zahlungen passiert dann ab dem neuen Budget ab 2007: Dann steigt der Beitrag auf rund 900 Millionen netto. Wie viel der Betrag genau ausmacht, hängt nicht nur von 1,0 oder 1,06 Prozent ab, sondern auch von den Rückflüssen. Im Jahr 2002 etwa zahlte Österreich wenig (220 Millionen), weil es viel Geld an Hochwasserhilfen zurückbekam.

Sparen kann teuer sein

Außerdem hängt der Nettobeitrag davon ab, wie das EU-Budget verteilt ist. Ein Beispiel: Von den Geldern für ländliche Entwicklung profitierte Österreich überproportional – es kassierte zehn Prozent der Gelder, obwohl nur zwei Prozent der Bauern in Österreich leben. Wenn der Budgetposten massiv gekürzt wird, verliert Österreich überproportional Geld. Ein niedrigeres Brutto-EU-Gesamtbudget muss also nicht zwingend niedrigere Netto-EU-Beiträge Österreichs bedeuten. Denn der Nettobeitrag hängt davon ab, wie viel an EU-Förderungen an Österreich zurückfließen. Anderes Beispiel: Wenn das EU-Gesamtbudget gekürzt wird, können Verkehrsförderungen dem Sparstift zum Opfer fallen – und Österreich um Teile der Brennerbasis-Tunnel-Förderung umfallen.

Auf solche Details ließ sich Haider nicht ein: Er kritisierte Dienstag, dass Bundespräsident Heinz Fischer die EU-Verfassung unterzeichnete – die auch mit den BZÖ-Stimmen beschlossen worden war. (Eva Linsinger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.6.2005)