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Foto: APA/Schlager
Wien - Ein zweites Mal wollte man sich nicht von der Politik diktieren lassen, wer Direktor des Theaters in der Josefstadt zu werden hat: Mitte Jänner 2004, als der unglücklich agierende, mittlerweile verstorbene Regisseur Hans Gratzer seines Amtes enthoben wurde, war Herbert Föttinger, wie der STANDARD damals schrieb, bereits der Wunschnachfolger.

Weil aber das Privattheater zuerst in eine Stiftung übergeführt werden sollte, erfolgte die Bekanntgabe erst eineinhalb Jahre später - gestern, Dienstag, durch Günter Rhomberg, den Vorstandsvorsitzenden. Sie fiel im dreiköpfigen Vorstand der unlängst gegründeten Privatstiftung, in der auch Exminister Ferdinand Lacina sitzt, nicht einstimmig: Der vom Kanzleramt entsandte Andreas Unterberger, Chefredakteur der Wiener Zeitung, hatte Bedenken zum Procedere geäußert. Doch Rhomberg hielt nichts davon, "Alibigespräche" mit Kandidaten zu führen. Außerdem will der Präsident der Bregenzer Festspiele heute wieder in Vorarlberg weilen.

Am Montagabend fand daher die konstituierende Sitzung des neuen Aufsichtsrats der Betriebsgesellschaft statt - und bei dieser wurde Föttinger als Direktor für fünf Jahre ab September 2006 präsentiert. Als zweiter Geschäftsführer (neben Alexander Götz) soll der 44-jährige Schauspieler und Regisseur bereits ab Herbst agieren. Hellmuth Lohner, interimistischer Direktor des Theaters, dürfte nichts dagegen haben.

Rhomberg betonte mehrfach, Föttinger sei "kein Verlegenheitskandidat": Der gebürtige Wiener, seit 1993 Ensemblemitglied, trage "ein hohes Potenzial in sich, ein guter Direktor zu werden". Einerseits werde mit Föttinger der nötige Generationswechsel eingeleitet, andererseits sei sich dieser der Positionierung des Hauses bewusst: Er verabscheue ein derart aggressives Instrument wie die Brechstange, mit der man laut Wiener Kulturpolitik hätte hineinfahren müssen, so Föttinger.

Programmatisch meinte der designierte Direktor: "Ich habe die Tradition im Griff und die Zukunft im Auge." Der lang anhaltende Applaus der Belegschaft habe ihn gerührt: Wie ein Löwe werde er das traditionsreiche Haus gegen alle Denunziationen verteidigen.

Zunächst steht aber die doppelte Sanierung an. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny erklärte sich nun doch bereit, die Hälfte der gegenwärtigen Schulden von 1,6 Millionen Euro zu übernehmen. Die andere soll das Theater binnen fünf Jahre abbauen. Bezüglich der baulichen Sanierung (Kosten: 14 bis 15 Millionen Euro) gab es vage Zusagen von Mailath wie von Kunststaatssekretär Franz Morak. Föttinger äußerte auch gleich einen Wunsch: die Errichtung einer auch bespielbaren Probebühne direkt über den Pausenräumen. (Thomas Trenkler/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15. 6. 2005)