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Foto: dpa/Peter Kneffel
Wien - "Der Doktortitel hat sich fälschlicher Weise auf mein Namensschild verirrt." Als Chef der EU-Antibetrugsbehörde (OLAF) legt Franz-Hermann Brüner größten Wert auf Offenlegung - auch wenn es sich diesmal nur um einen kleinen, vom Innenministerium fabrizierten akademischen Fauxpas handelt. Denn Korruption, erklärte der bayrische Exstaatsanwalt am Dienstag bei einem Workshop in Wien, beginne oft mit "gut gemeinten Kleinigkeiten".

Österreich wird nicht nur demnächst als eines der ersten europäischen Länder die UNO-Antikorruptionskonvention ratifizieren. Der Kampf gegen Schmier- und Schwarzgeld soll auch während der rotweißroten EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 zentrales Thema werden, kündigte Innenministerin Liese Prokop (VP) an.

Drei Milliarden Euro Schaden

Nach Berechnungen der Internationalen Handelskammer verursacht Korruption in Österreich einen Schaden von drei Milliarden Euro pro Jahr. Als besonders anfällig gelten die Bauwirtschaft, das Gesundheitswesen samt Pharmaindustrie und Subventionsvergabestellen. "Bestechung und Geschenkannahme sind im Strafgesetz festgelegte Delikte, doch die viel zitierte Freunderlwirtschaft richtet genauso viel Schaden an", sagte Martin Kreutner, der Leiter des Büros für interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium.

So sei es beispielsweise gang und gäbe, dass Ärzte für private Geschäfte Personal und Infrastruktur aus öffentlichen Einrichtungen einsetzten. Kreutner: "Meist legal oder zumindest geduldet. Aber die Ressourcen gehen der öffentlichen Seite ab, was wiederum zu höheren Kosten der allgemeinen Gesundheitsversorgung führen kann." Das BIA deckte zuletzt die Trinkgeldaffäre innerhalb der heimischen Exekutive auf. Wie berichtet wurden 647 Beamte angezeigt, die für Begleitfahrten von Schwer- und Gefahrguttransporten Trinkgelder kassiert haben sollen.

Frank Anechiarcio, Professor für Staats- und Rechtswissenschaften am Hamilton College in New York, wies darauf hin, dass korrupte Strukturen der beste Nährboden für organisierte Kriminalität und Terrorismus seien. Er kritisierte zudem, dass Anti-Korruptionsgesetze häufig zu kompliziert formuliert seien. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 15.06.2005)