Paris - Der "Architekt" der EU-Verfassung, Valery Giscard d'Estaing, hat Frankreichs Präsident Jacques Chirac indirekt für das Scheitern des Vertrages beim Referendum in Frankreich verantwortlich gemacht. "Die Botschaft der Franzosen war: "Wir wollen Änderungen in unseren politischen Führung"", sagte der ehemalige französische Präsident in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der "International Herald Tribune". Das sei keine Abstimmung über die EU-Verfassung gewesen, hält Giscard fest. Er warf Chirac vor allem vor, die Franzosen "nicht ermutigt zu haben, das europäische System zu verteidigen, sondern eher, es zu kritisieren".

Auf die Frage, ob der Präsident nach dem deutlichen Nein der Franzosen am 29. Mai hätte zurücktreten sollen, gab der frühere Rivale von Chirac keine direkte Antwort, wies aber auf Charles de Gaulle hin. Dieser sei nach einem verlorenen Referendum aus dem Amt gegangen. Auch die Franzosen selbst kritisierte der frühere Staatschef in dem Interview. Er hätte gedacht, sie würden letzten Endes doch rational abstimmen.

Giscard soll allerdings Chirac mehrere Monate vor dem Referendum noch davor gewarnt haben, sich zu sehr für die europäische Verfassung zu engagieren, weil die Franzosen es gewohnt seien, solche Abstimmungen immer zu einem Plebiszit über ihre Regierung zu machen. (APA/dpa)