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Mostafa Moien

foto: apa/epa/Abedin Taherkenareh
So hoffnungslos hinten, wie es allgemein erwartet wurde, liegt der liberale iranische Präsidentschaftskandidat Mostafa Moien nicht mehr. Aber Hashemi Rafsanjani geht am Freitag dennoch als Favorit ins Rennen.

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Wien/Teheran – Die Präsidentschaftswahlen im Iran am Freitag werden spannend: Zwar geht der 70-jährige Expräsident Ali Akbar Hashemi Rafsanjani nach wie vor als Favorit ins Rennen, aber der Kandidat der Reformer, Mostafa Moien, hat erstaunlich stark aufgeholt und wird bereits verschiedentlich als Zweitplatzierter gehandelt. Das heißt, er hätte den bestgereihten der vier konservativen Kandidaten, den früheren Polizeichef Mohammed Bagher Ghalibaf, überholt, und wäre, falls es zu einer Stichwahl eine Woche nach der ersten Runde kommt, der direkte Gegner Rafsanjanis.

Umfragen sind jedoch im Iran mit Vorsicht zu genießen: Antworten werden gegeben, je nachdem wer fragt, auch die auf die Frage nach der Wahlbeteiligung. Aber in den vergangenen Tagen ist das Inte^res^se doch etwas gestiegen, und es wird allgemein mit einer Beteiligung von 50 Prozent gerechnet.

Und da wird eifrig herumgerechnet: Etwa 47 Millionen Wahlberechtigte gibt es, wenn 50 Prozent davon wählen gehen, müssten etwa 11,5 Millionen Rafsanjani wählen, damit er in der ersten Runde gewinnt. Dann hätte er um fast zehn Millionen Stimmen weniger als Mohamed Khatami bei seiner besten Wahl.

Sollte Rafsanjani mit Moien in eine Stichwahl gehen müssen, könnte er mit den Stimmen der Konservativen rechnen, denen er heute im Vergleich zu liberal ist. Als ältester der Kandidaten führt Rafsanjani den modernsten Wahlkampf, unter anderem mithilfe eines gelungenen Werbefilms, der vom Regisseur Kamal Tabrisi gedreht wurde, dessen boshafte Kleriker-Satire "Marmulak" (Eidechse) über einen Dieb, der zum Mullah mutiert, der erfolgreichste iranische Film aller Zeiten ist.

Rafsanjani präsentiert sich professionell, locker und selbstkritisch und überrascht durch seine unorthodoxen Antworten. Auf die Frage, wie er zur islamischen Kleidungsfrage für Frauen stehe, sagte er sinngemäß: Hauptsache, sie ziehen überhaupt etwas an.

Ein Dorn im Fleische des konservativen Lagers rechts von Hashemi bleibt, dass es keine Einigung auf einen einzigen Kandidaten gegeben hat. Es wurde ja eigentlich damit gerechnet, dass sich die chancenlosen Kandidaten noch zurückziehen. Die Nervosität ist dementsprechend groß. Der Chefredakteur der Tageszeitung Hamshahri etwa musste zurücktreten, weil sich die Eigentümer nicht genügend vertreten fühlten: Der Teheraner Oberbürgermeister Mahmud Ahmadi Nejat, der konservativste unter allen Bewerbern, hatte von seinem Blatt offensichtlich Wahlwerbung erwartet, die dieses aber nicht lieferte. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2005)