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"Nicht in Handschellen zurückkommen": Der Wunsch des flüchtigen Ex-Libro-Chefs Rettberg erfüllt sich.

Foto: Reuters/ACHIM BIENIEK
Wien - Eineinhalb Jahre war Ex-Libro-Chef André Rettberg auf der Flucht. Im Februar 2004 kam der Buchhändler, der als "Manager des Jahres" zum Darling der New Economy mutierte, ehe er die Buchhandelskette Libro samt Internetcompany Lion.cc mit einer 334-Millionen-Euro-Pleite spektakulär in den Sand setzte, von einer Auslandsreise nicht mehr zurück. Seither wurde Rettberg mittels internationalem Haftbefehl gesucht.

Jetzt taucht der Pleitier, dem betrügerische Krida vorgeworfen wird, überraschend wieder auf. Rettberg soll sich in zwei Wochen beim zuständigen Landesgericht in Wiener Neustadt melden, bestätigte sein Anwalt Elmar Kresbach am Mittwoch einen nächtlichen Bericht des Ö3-Radios.

Der Exmanager werde sowohl beim Untersuchungsrichter in Sachen Libro-Insolvenz als auch beim Verhandlungsrichter im Fall des Vorwurfs betrügerischer Krida erscheinen.

Freies Geleit

Zuvor wurde Rettberg von der Justiz freies Geleit zugesichert bis zum Urteil in erster Instanz zugesichert - das bedeutet, dass er nach seiner Rückkehr in Österreich und vor einer allfälligen Verurteilung nicht in Haft genommen wird.

Bereits im Februar 2004 wurde ein Antrag auf freies Geleit gestellt, vom damaligen Justizminister Dieter Böhmdorfer jedoch abgelehnt. Im Februar des heurigen Jahres bot das Landesgericht Wiener Neustadt freies Geleit gegen 200.000 Euro an, was vom Anwalt jedoch aus Kostengründen abgelehnt wurde.

150.000 Euro Kaution

Jetzt wurde die Kaution auf 150.000 Euro festgesetzt - ein Betrag, der von unbekannter dritter Seite bereits hinterlegt wurde; Rettberg hatte mehrfach erklärt, seit der Pleite mittellos zu sein. In der Anklage geht es u.a. um Kredite, die Rettberg über seine Privatstiftung zum Erwerb von Libro-Aktien aufgenommen hatte.

Nach der Pleite hatten die Banken Rettberg einen Teil der Kredite erlassen, Rettberg - für den die Unschuldsvermutung gilt - soll jedoch Ermittlungen zufolge 4,4 Millionen Euro aus früheren Aktienverkäufe über mehrere Firmen verschoben haben.

Und wie das Leben so spielt, wurde just in dem Moment, als das freie Geleit zugesichert war, die Illustrierte News fündig und spürte den gebürtigen Holländer Rettberg in Amsterdam auf, was der Polizei offenbar nicht gelungen war.

"Ich habe nichts mehr"

Über News durfte Rettberg seinen bemitleidenswerten Zustand schildern: "Einst war ich ein Schilling-Milliardär, jetzt habe ich nichts mehr", aber durch Offenlegung der "schonungslosen Wahrheit" werde er "mit aller Kraft seine Unschuld beweisen".

Damit geht für Rettberg ein Wunsch in Erfüllung, den er schon im Februar der Illustrierten anvertrauen konnte: "In Handschellen will ich nicht zurückkommen. Die Hoffnung auf Gerechtigkeit gibt mir Kraft." (spu, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.06.2005)