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Wien - Donnerstagmittag. Der ATX bewegt sich zielstrebig auf die "historische" Marke 3000 zu, um 14.20 Uhr durchbricht er sie laut den Statistiken des Informationsdienstes Bloomberg erstmals. Um 14.21 Uhr schickt die Austria Presse Agentur eine "Eilt"-Meldung aus: "Wiener Börse weiter auf Rekordjagd - ATX erstmals über 3000 Punkte". Exakt zehn Minuten später lässt das Finanzministerium verlauten: "Die heutige Erfolgsmeldung, ist ein weiterer Beweis für den Erfolg der offensiven Kapitalmarktstrategie der Bundesregierung. Seit dem Jahr 2000 hat sich der ATX nahezu verdreifacht - diese dynamische Entwicklung ist das Ergebnis unserer nachhaltigen Maßnahmen zur Stärkung des österreichischen Kapitalmarktes", ließ Finanzminister Karl-Heinz Grasser erklären.

Um 15.01 Uhr erging schließlich eine Einladung des Ministeriums an alle Redaktionen der Republik: "ATX über 3000 - Das wollen wir mit Ihnen feiern!" Es werde "spontan zu einem Pressegespräch (mit Umtrunk)" geladen, um 16 Uhr. Auch der Budgetsprecher der großen Regierungspartei, Günther Stummvoll, wollte dabei nicht zurückstehen und frohlockte per Aussendung über ein "Signal des Vertrauens der Wiener Börse in die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung". Die Opposition konterte vor Börsenschluss, um 16.10 Uhr: "Was haben rund 300.000 Arbeitslose davon, dass sich der ATX auf einem Rekordhoch befindet", fragt Wirtschaftssprecher Johann Moser über den SPÖ-Pressedienst, und verleiht seiner Befürchtung einer "Seifenblase" Ausdruck.

In Wirklichkeit haben die Indexschwergewichte des ATX - Erste Bank, Raiffeisen International, OMV und BA-CA - seit Längerem einen guten Lauf, weil das Geschäft in den Wachstumsmärkten im Osten so gut geht. In der Bankbranche wird darüber hinaus heftig umgerührt - der Verkauf der BA-CA-Mutter HVB an die italienische UniCredit sowie die Übernahme der Investkredit durch die Volksbankengruppe. Ein Sonderfall beim Wachstum ist sicher der Onlinewettanbieter Betandwin, auf den zuletzt verstärkt internationale Fonds aufmerksam geworden sind. (szem, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.6.2005)