Abschaffung des Bundesrates wegen der Herren Kampl und Gudenus – eine wohlklingend populistische, aber nicht sachgerechte Ansage, die vor allem auch den Beifall ökonomistischer Oberflächendenker finden mag. Es geht aber nicht um billige, auch zentralistische Reflexe. Die Sager sollten vielmehr Anstoß dafür sein, endlich eine wirksame Ländermitwirkung an der Bundesgesetzgebung durch eine Umgestaltung des Bundesrates zu ermöglichen.

Denn Bundesstaat und Bundesrat sind ja seit 1920 in Österreich ein unbefriedigender Kompromiss. Dr. Robert Danneberg, Hauptredner der Sozialdemokraten, stellte beim Beschluss der Bundesverfassung in aller Offenheit fest: "Und wenn wir auch den Bundesrat überhaupt für eine überflüssige Einrichtung halten: Da er nicht zu vermeiden war, ist er hier in seiner Kompetenz doch auf ein Minimum beschränkt und wird die Gesetzgebung nicht zu verhindern vermögen."

Ein Bundesrat als zweiter Aufguss der Nationalratsdebatten wird weiter ein sehr unbefriedigender Zustand bleiben. Eine echte Länderkammer des österreichischen Parlaments ist unverzichtbarer Grundpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung. Unverzichtbar, aber nicht unveränderbar.

Während im 20. Jahrhundert generell zentralisierende Tendenzen sichtbar waren, geht im 21. Jahrhundert der internationale Trend zur Regionalisierung, Dezentralisierung und Föderalisierung im Sinne von mehr Bürgernähe. Viele der Reformüberlegungen, die sich in den letzten Jahren verdichteten, kreisen daher um das Ziel, den Bundesrat zu einer echten Länderkammer umzugestalten.

Bedauerlicherweise ist es dem Bundesrat zurzeit nur möglich, zu einem Gesetz, das der Nationalrat beschlossen hat, innerhalb der Acht-Wochen-Frist einen Einspruch zu erheben – aber nur mit einem suspensiven Veto – oder die Frist verstreichen zu lassen (oder in gewissen Materien ausdrücklich zuzustimmen). Ein zutiefst unbefriedigender Zustand, weil oft aus Ländersicht zwar das Gesetz für grundsätzlich richtig gehalten wird, aber eventuell der eine oder andere Paragraf gegen Länderinteressen verstößt.

Daher scheint es viel sinnvoller, dass dem Bundesrat die Möglichkeit eingeräumt würde, entweder im gesamten Gesetzwerdungsverfahren ein Stellungnahmerecht zu haben, oder einen Vermittlungsausschuss einzurichten, um solche Gesetzesänderungen noch beschließen zu können. Als prinzipiell wirksames Instrument schiene es, in speziellen Fällen Aufträge seitens der Länder zu erteilen.

Per se würde der Bundesrat auch dann mehr Gewicht erhalten, wenn alle Landeshauptleute oder sonstige führende Landespolitiker aller Bundesländer in ihm vertreten wären. Was der Österreich-Konvent nicht vermochte, erreichte Kampl: eine kurzfristige Änderung der Bundesverfassung den Bundesrat betreffend. Wenn ein Wille vorhanden ist, kann daher sehr rasch eine sinnvolle Umgestaltung des Bundesrates in eine echte Länderkammer erfolgen. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.06.2005)