Besonders scharfe Betrugsvorwürfe hatte der Reformer Mehdi Karroubi (Karubi), ein Vertrauter des scheidenden Präsidenten Mohammed Khatami, an die radikalen Kräfte im Land gerichtet. Aus Protest trat Karroubi von allen politischen Ämtern zurück. Karroubi war bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl auf den dritten Platz gekommen. In die Stichwahl gehen der gemäßigte Ex-Präsident Ali Akbar Hashemi Rafsandjani (Rafsanjani) und - sehr überraschend - der erzkonservative und weithin unbekannte Bürgermeister von Teheran, Mahmud Ahmadinejad. Auch die linksgerichtete Partei Organisation der Mujaheddin der Islamischen Revolution (OMIR) sprach von Wahlmanipulationen.
Ex-Außenminister schließt sich Kritik indirekt an
Auch der frühere iranische Außenminister Ibrahim Yazdi schloss sich indirekt der Kritik am Verlauf der Wahl an. Er wisse, dass Teile des Militärs und der paramilitärischen Organisationen deutlich Einfluss auf die Wahlen genommen hätten, sagte Yazdi dem deutschen "Handelsblatt" (Montagsausgabe). Diese hätten Ahmadinejad unterstützt und dafür landesweit ihre Strukturen genutzt. Auch Rafsanjani sprach von einer "organisierten Beeinflussung" der Wahl. Konservative, Reformer und Säkularisten wollen bei der Stichwahl Rafsanjani gegen Ahmadinejad unterstützen.
Falls die Neuauszählung in einigen Bezirken tatsächlich auf Unregelmäßigketien schließen lassen sollte, könnte die für kommenden Freitag geplante Stichwahl um eine Woche verschoben werden. Es wird erwartet, dass sich der Wächterrat vor einer endgültigen Bestätigung der Ergebnisse mit den Vorwürfen mehrerer Kandidaten befasst, es habe bei der Wahl Manipulationen gegeben. Die wenigen reformorientierten Kandidaten waren überraschenderweise gänzlich auf der Strecke geblieben.
Zwei reformorientierte Zeitungen geschlossen
Im Zusammenhang mit den Ereignissen um den Urnengang ist wohl auch das Verbot zweier reformorientierter Zeitungen im Iran zu sehen. Die Blätter "Eghbal" und "Aftab" hatten einen Brief Karroubis abgedruckt, der den Ultrakonservativen Betrug bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl vorgeworfen hatte. Zunächst war aber unklar, ob das Verbot ausschließlich die Montagsausgabe betreffe oder länger aufrecht erhalten werden solle.
Studierende geben Empfehlung für Rafsandjani ab
Angesichts der bevorstehenden zweiten Runde hoben die Studenten in Teheran ihren Wahlboykott-Aufruf auf und gaben stattdessen eine Empfehlung für Rafsanjani ab. Bisher hatten sie die Wahl boykottiert, weil der Wächterrat als Kontrollorgan im Iran zahlreiche Reform-Kandidaten nicht zur Wahl zugelassen hatte.