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Konstant starke Aufschläge haben entschieden: Jürgen Melzer steht nach seinem Auftaktsieg gegen den seinerseits starken Aufschläger Ivan Ljubicic zum zweiten Mal nach 2003 in der zweiten Runde von Wimbledon.

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Wimbledon - Global betrachtet hat Wimbledon schon bedeutendere, niveauvollere und auch spannendere Spiele erlebt als jenes auf Court Nummer neun. Das ist ein Platz in der Peripherie, nicht einmal Sesselreihen sind fix montiert, an den beiden Längsseiten haben sie ein paar Holzbänke hingestellt, darauf kann der interessierte oder nur zufällig vorbeikommende Zuschauer unbequem sitzen. Das Gedränge ist enden wollend, auf den Neuner werden nämlich jene Tennisprofis geschickt, die nicht zur Spezies der Straßenfeger zählen. Also sicher kein Roger Federer, kein Tim Henman, keine Maria Scharapowa.

Er ist gebaut für Leute wie Stefan Koubek und Danai Udomchoke, einen Kärntner und einen 23-jährigen Qualifikanten aus Thailand. Der Neuner wird von Fernsehkameras grob vernachlässigt, er grünt unauffällig vor sich hin, gehört zum Heiligtum, ohne selbst heilig zu sein.

Insofern war es fast egal, dass Koubek die Wiese umgegraben hat. Vor Wut, nicht weil er als Gärtner angeheuert worden war. Mit seinem Schläger/Spaten schlug er nach dem verlorenen Matchball zum 6:8 im fünften Satz den Neuner, er hat es auch irgendwie verdient. Es war ein an sich unkompliziert zu spielender Volley, der den Weg übers Netz trotzdem nicht gefunden hat. Aber was ist im Leben des Koubek im momentanen Zustand schon einfach.

Es war erst seine sechste Partie in diesem Jahr. Da war die Doping-Sperre, dann streikte das rechte Knie, es wurde operiert und therapiert, Schmerzen sind geblieben. Er trainierte trotzdem, ignorierte einen Husten, der sich später als Lungenentzündung herausgestellt hat.

Udomchoke, er ist die Nummer 161, kam in diesem Jammer nicht unrecht. Wobei Koubek wusste, "dass es für mich keinen leichten Gegner gibt". Das Match hatte bereits am Montag begonnen, da standen sich zwei müde Männer gegenüber. Udomchoke musste zwei Verletzungspausen in Anspruch nehmen, die Adduktoren waren waren den Belastungen nicht gewachsen. Koubek wirkte generell bedient, woher sollte er auch Kraft und Kondition haben? Aber er hat gekämpft. Mit sich selbst. Er suchte nach den Automatismen, die in der langen Pausen abhanden gekommen sind. Als es 7:5, 4:6, 6:4, 3:6 und 3:3 stand, wurde das Treiben, das gar nicht munter war, beendet. Von der Dunkelheit. Gestern Mittag wurde fortgesetzt. Koubek hatte in der Nacht "wie ein Baby" geschlafen. Nach diesem Volley war er auch betäubt: "Wie ich verloren habe, tut weh."

Einfach sattelfest

Wimbledon hat nicht nicht nur einen Court neun, sonder auch einen mit der Nummer 17. Der ist um eine Spur größer, hat fixe Sitzreihen montiert und liegt fast im Zentrum der Gesamtanlage. Dort waren gestern Jürgen Melzer und der Kroate Ivan Ljubicic angesetzt. Für Melzer gab es überhaupt keinen Grund, als Gärtner tätig zu werden, er war nämlich in seinem Hauptberuf absolut sattelfest. Der Niederösterreicher beeindruckte nicht nur sich selbst, sondern auch den Kroaten, er siegte 6:4, 6:4, 6:4. Melzer zeigte nicht die geringste Schwäche, löste die wenigen brenzligen Situationen. Das Service passte (elf Asse), andere im Tennis relevanten Schläge kamen auch gut an, was schlecht für Ljubicic war. Melzer: "Das war wirklich sehr in Ordnung."

In der zweiten Runde trifft er am Donnerstag auf den Spanier Alex Calatrava, der den Finnen Tuomas Ketola mit 6:4, 7:6(4), 6:4 besiegte. Melzer sagt, das sei eine absolut lösbare, fast dankbare Aufgabe. "Das kann man drehen, wie man will. Ich bin Favorit." (Christian Hackl aus Wimbledon - DER STANDARD PRINTAUSGABE 22.6. 2005)