Unter Hans Peter Haselsteiner (li.), Horst Pöchhacker und Gerhard Buresch herrschte weitestgehend Einigkeit: Künstlerisch-kreative Leistungen wie das Planen von Architektur unterliegt anderen Bewertungskriterien als Ausführungsleistungen, und das sollte in der Gesetzes-Novelle festgehalten werden.

Foto: STANDARD/Hendrich

Architekten-Vorsitzender Georg Pendl: "Der Markt regelt eben nicht alles - wie etwa Kultur und Lebensqualität."

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Wien - Zu einem außergewöhnlichen Schulterschluss zwischen Bauindustriellen und Architektenvertretern kam es am Dienstag anlässlich eines Pressegesprächs zur bevorstehenden Novelle des Bundesvergabegesetzes, das die Vergaben der öffentlichen Hand regelt.

Georg Pendl, Bundesvorsitzender der Architekten (Kammer), hatte dazu eingeladen und unter anderem Porr- bzw. Strabag-Chef Horst Pöchhacker und Hans Peter Haselsteiner auf das Podium geholt - beide waren vor Kurzem noch die Hauptrivalen im eher wirren Totalunternehmer-Vergabeverfahren um das EM-Stadion in Klagenfurt.

Bis Ende Jänner 2006 muss das derzeit gültige Bundesvergabegesetz (BvergG 2002) renoviert und im Sinne der neuen EU-Vergaberichtlinie adaptiert werden. Auch angesichts der sich ständig mehrenden Einsprüche bei Vergabesenaten aller Art konstatierte Pöchhacker, man könne hier zu Lande nicht von einer "Vergabekultur", sondern höchstens "von einer Vergabekrise" sprechen. Man möge die Novelle dafür benützen, um die zu lösen.

Drei Wünsche der Architekten

Die Architekten, traditionell kollektiv in Sachen politischer Versiertheit und Lobbying eher unterbelichtet, wollen ihre Anliegen endlich aktiv einbringen und führen drei entscheidende Punkte an, die sie gerne in der Novelle verankert wüssten. Erstens: Die "bewährte österreichische Tradition" (Pendl) der Trennung von Planung und Ausführung sollte dringend erhalten bleiben. Die EU lässt es ihren Mitgliedstaaten frei, diese in den nationalen Gesetzen zu verankern. Jetzt - oder nie wieder - besteht die Chance, das auch zu tun.

Zweitens: Die Bestellung von "unabhängigen" Preisrichtern für die Jury-Gremien, die in oft tagelangen Sitzungen die eingereichten Wettbewerbsbeiträge beurteilen und dem Bauherrn das beste Projekt zur Ausführung empfehlen, sollte gesetzlich festgelegt sein. Drittens: Auch für die Zusammensetzung der Bewertungskommissionen für Verhandlungsverfahren, die bis dato vom Auslober nach Gutdünken bestückt werden können, wünschen sich die Planer und Planerinnen gesetzliche Bestimmungen. Ein Drittel der Kommissionsmitglieder, die über die Befähigung von Bewerbern für die Teilnahme an einem Verfahren urteilen, so Pendl, "sollte vom Fach sein". Hans Peter Haselsteiner betonte zwar, dass eine Totalübernehmerschaft, also die Gesamtvergabe von Planung und Ausführung in einem Paket "nachweisbar und anhand zahlreicher Projekte erwiesenermaßen billiger" sei.

Bewertungskriterien

Er plädierte dennoch überraschenderweise energisch "für eine strikte Trennung zwischen diesen unterschiedlichen Leistungen". Denn: "Die Vermischung von objektiven und subjektiven Kriterien stellt immer ein großes Problem dar." Künstlerisch-kreative Leistung, wie eben das Planen und Entwerfen von Architektur, müsse einer anderen Bewertung unterliegen als Beton-, Stahl- und Fundamentkostenvergleiche.

Wie gebaut wird, wenn lediglich die Kosten im Vordergrund stehen, so der Bauindustrielle, könne man bedauerlicherweise landauf, landab betrachten, und er persönlich wünsche sich "als Staatsbürger" durchaus auch für private Bauherren restriktivere Vorschriften.

Pöchhacker will "miteinander nachdenken"

Horst Pöchhacker stimmte Haselsteiner prinzipiell zwar zu, würde aber "die Möglichkeit für eine gemeinsame Vergabe gesetzlich zumindest offen lassen und die Totalunternehmerschaft nicht gleich umbringen". Er meinte: "Mein Angebot an die Architekten lautet: miteinander nachdenken."

Gerhard Buresch, Konsulent und Ex-Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft, wies auf einen weiteren elementaren Faktor im Baugeschehen hin: Er plädierte für mündige, verantwortungsbewusste Auftraggeber, denn "hinter der Palette von Vorschriften lässt sich Eigeninitiative und Mut zauberhaft verstecken. Die öffentlichen Auftraggeber brauchen Persönlichkeiten, die dazu bereit sind, Verantwortung zu übernehmen." Und das bedinge ein Weiteres, nämlich die politische Rückendeckung. (Ute Woltron, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.6.2005)