Berlin - SPD-Pläne, mit einer Sondersteuer auf Spitzeneinkommen in den Wahlkampf für die geplanten vorzeitigen Bundestagswahlen zu gehen, haben teils heftige Reaktionen ausgelöst und auch in den eigenen Reihen Widerspruch provoziert. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement sagte am Mittwoch laut Spiegel Online: "Da rate ich dringend zur Zurückhaltung." Er erinnerte daran, dass der Spitzensteuersatz erst vor Kurzem gesenkt worden sei. Er liegt jetzt bei 42 Prozent.
Zuvor hatte die Süddeutsche Zeitung gemeldet, SPD-Chef Franz Müntefering und Finanzminister Hans Eichel hätten große Sympathie für das Vorhaben der Parteilinken bekundet, Bezieher hoher Einkommen mit einem Zuschlag auf die Einkommensteuer zu belegen. Auch Bundeskanzler Schröder stehe prinzipiell positiv dazu. Eine Variante wäre, dass Alleinstehende mit mehr als 500.000 Euro und Verheiratete mit mehr als einer Million Euro Jahreseinkommen einen Zuschlag von fünf Prozent auf die Einkommensteuer bezahlen müssen.
Scharfe Ablehnung kam vom Bund der Steuerzahler. Dessen Präsident Karl-Heinz Däke sagte der Leipziger Volkszeitung, es sei nicht einmal geklärt, ob die Sondersteuer verfassungsrechtlich zulässig wäre: "Das ist reiner Wahlkampf." Der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, Michael Hüther, meinte, mit der Sondersteuer würden "nicht nur einzelne Reiche getroffen, sondern auch Personengesellschaften oder Familienunternehmen, die Erträge erwirtschaften und international mobil sind".
Laut der Süddeutschen Zeitung haben die SPD-Steuerpläne die Unionsparteien unter Zugzwang gesetzt. Eine Senkung des Spitzensteuersatzes werde nun politisch schwierig werden, wurden CDU-Präsidiumsmitglieder sinngemäß zitiert. CDU-Chefin und Kanzlerkandidatin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber hatten sich am Dienstag erstmals mit der Vierergruppe getroffen, die das Wahlprogramm der Union ausarbeitet. Dem Bericht zufolge wollen CDU/CSU Budgeteinsparungen und ein vereinfachtes Steuerrecht, aber keine großen Entlastungen ankündigen. (Reuters, dpa, red/DER STANDARD, Printausgabe, 23.6.2005)