Wien - Mit der erstmaligen Erzeugung von superfluiden so genannten Fermi-Kondensaten erregten Wissenschafter der Universität Innsbruck und des Akademie-Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) um Rudolf Grimm weltweit Aufsehen, unter anderem wurde die Arbeit unter die Top-10 Physik-Erfolgsgeschichten gekürt. Nun wurden die Experimente von Physikern des renommierten M.I.T. in Cambridge (USA) eindrucksvoll bestätigt. Die neuen Beobachtungen wurden in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlicht.

Bestätigung

"Wir konnten die Superfluidität im Vorjahr nur indirekt nachweisen, nun ist den Kollegen die direkte Beobachtung gelungen", gab sich Grimm erfreut. Der Innsbrucker Wissenschafter hat in "Nature" auch einen Kommentar zu den amerikanischen Experimenten verfasst.

Generell sind die Untersuchungen rund um die Superfluidität nicht nur für die Grundlagenforschung, sondern auch für Ingenieure und Technologen höchst interessant. Superfluidität bedeutet nämlich, dass etwa Flüssigkeiten ohne jeden Reibungsverlust fließen und sogar die Wand eines Probengefäßes hinauf klettern können.

Stichwort: Bose-Einstein-Kondensat

Die Untersuchungen drehen sich rund um das Phänomen des so genannten Bose-Einstein-Kondensats (BEC). Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorhergesagt, konnte es vor knapp zehn Jahren erstmals im Experiment an Rubidiumgas nachgewiesen werden. Im Zustand des BEC verlieren Teilchen bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt quasi ihre Identität und beginnen im Gleichmarsch zu funktionieren. Auch bewegen sich die Teilchen wie ein einziges völlig widerstandslos, also ohne Reibung. BEC wird als völlig eigener Zustand der Materie - neben gasförmig, fest oder flüssig - angesehen.

Allerdings kann BEC nur mit Bosonen erreicht werden. Mit Fermionen gelingt das prinzipiell nicht. Diese beiden Teilchen-Gruppen unterscheiden sich durch den so genannten Spin. Nach einem quantenmechanischen Gesetz können sich nicht zwei oder mehr Fermionen auf dem gleichen Energieniveau befinden (Pauli-Prinzip) und beim BEC befinden sich alle Teilchen im niedrigsten Energieniveau.

Bosonen und Fermionen

Bosonen sind Teilchen oder auch Atome mit "ganzzahligem Spin" oder anders ausgedrückt: Sie setzen sich aus einer geraden Zahl von Protonen, Neutronen und Elektronen zusammen. Bosonen, die auch gerne von Experimentalphysikern verwendet werden, sind beispielsweise Heliumatome und Heliumkerne. Die Gegenstücke zu den Bosonen sind Fermionen, diese besitzen dementsprechend eine ungerade Zahl dieser Teilchen. Einzelne Protonen, Neutronen und Elektronen sind demnach stets Fermionen.

Mit einem Trick schaffte Grimm mit seinen Mitarbeitern im Vorjahr aber das eigentlich Verbotene, die Forscher verhalfen nämlich Fermionen in den Zustand des BEC. Die Erklärung für das Experiment ist - jedenfalls im Prinzip - relativ einfach: Die Physiker erzeugen aus einem fermionischen Gas aus Lithium-6-Atomen (drei Protonen, drei Neutronen, drei Elektronen) paarweise Moleküle und somit bosonische Teilchen, weil aus zwei Teilchen mit halbzahligen Spin ein Molekül mit ganzzahligen Spin wird. Mittels Variation der Stärke eines Magnetfeldes kann die Umwandlung in Fermi-Kondensate wie mit einem Drehschalter gesteuert werden.

Während die Innsbrucker die Superfluidität nur spektroskopisch nachweisen konnten, gelang es den M.I.T.-Kollegen nun, das Phänomen in Form von regelmäßig angeordneten Wirbeln - vergleichbar mit einem Whirlpool - im ultrakalten Gas zu beobachten. "Damit ist die Superfluidität endgültig nachgewiesen", so Grimm. (APA)