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Ein portugiesischer Neonazi bei einem Aufmarsch in Lissabon

Foto: AP/Amorim
Lissabon - Portugal galt bis vor kurzem als ein tolerantes und weltoffenes Land, das Ausländer mit Erfolg integriert hatte. Dieser Ruf ist nun angekratzt. Mittlerweile tauchen auch in Portugal verstärkt rechtsextreme Gruppen und Symbole auf, die in dem Land bisher unbekannt waren.

Um ein Zeichen gegen das Aufkommen von Neonazi-Gruppen zu setzen, besuchte Staatspräsident Jorge Sampaio kurzentschlossen das Lissabonner "Problemviertel" Couva da Muora, in dem überwiegend Schwarze aus den früheren portugiesischen Kolonien in Afrika leben. "Portugal wird den Ausländerhass, die Intoleranz und den Rassismus nicht dulden", betonte der Staatschef. Die Diskriminierung von Minderheiten werde von der Verfassung ausdrücklich verboten.

Neonazi-Demo

Zur selben Zeit demonstrierten im Zentrum der Hauptstadt etwa 200 Skinheads, die sich Hakenkreuze auf die Haut tätowiert hatten. Der Anlass für die Kundgebung war der Überfall einer Bande von schwarzen Jugendlichen auf Badende an einem Strand bei Lissabon. Die Rechtsextremen sehen in dem Zustrom von Zuwanderern aus Afrika und Osteuropa nach Portugal die Ursache für den Anstieg der Kriminalität. "Immigration und Verbrechen gehen Hand in Hand", meint Mario Machado von der Nationalen Front, die zu der Demonstration aufgerufen hatte.

Die Zahl der Zuwanderer in Portugal hat sich in der vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Offiziell leben 400.000 Ausländer im Land, inoffizielle Schätzungen sprechen von bis zu 700.000, was einem Ausländeranteil von sieben Prozent entspräche. Um die aufkommende Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen, startete die Regierung eine Kampagne, die die Bedeutung der Zuwanderer für die Wirtschaft deutlich machen soll. Auf einem Plakat ist zum Beispiel ein Bauarbeiter aus der Ukraine zu sehen, daneben steht die Aufschrift: "Danke, Vassily!"

Das - der Regierung unterstellte - Hohe Kommissariat für Immigration und Minderheiten (ACIME) betonte, dass Portugal ohne ausländische Arbeitskräfte weder die Weltausstellung 1998 in Lissabon noch die Fußballeuropameisterschaft 2004 zu Stande gebracht hätte. Die Behörde erinnerte daran, dass Portugal jahrhundertelang und bis vor kurzem selbst ein Auswanderungsland gewesen sei. "In verschiedenen Staaten in aller Welt leben heute 4,5 Millionen portugiesische Emigranten."

Die Regierung von Ministerpräsident José Sócrates steht vor einer schwierigen Gratwanderung. Auf der einen Seite will sie das Aufkommen von Fremdenhass verhindern. Auf der anderen Seite ist sie besorgt, dass eine steigende Kriminalität und Massenüberfälle wie am Strand von Carcavelos dem Tourismus schaden könnten, der die wichtigste Einnahmequelle in der Zahlungsbilanz darstellt. (APA/dpa)