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An der New York Mercantile Exchange geht es derzeit heiß her.

Foto: Reuters/Zelevansky
London/New York/Wien - Die internationalen Ölpreise haben in der Nacht auf Freitag erstmals in der Geschichte die 60 Dollar-Marke durchbrochen. Eine Entspannung ist nicht in Sicht.

Der neue Preisschub vollziehe sich ohne fundamentale Gründe, so die übereinstimmende Aussage mehrerer Händler in New York. Die Anleger wollten den Preis einfach über die wichtige Marke von 60 Dollar treiben, sagte PFC-Analyst Jamal Qureshi.

Am Freitag (13:30 Uhr) kostete ein Fass der marktführenden Nordseesorte Brent (zur Lieferung im August) in London 58,30 Dollar, 34 Cent mehr als am Vortag. In New York wurde ein Fass US-Leichtöl am frühen Freitagnachmittag 59,80 Euro gehandelt, 38 Cent über dem Vortagesschlusskurs.

Auch Opec-Ölpreis gestiegen

Auch der Preis für Rohöl der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) ist am Donnerstag erneut angestiegen. Nach Berechnungen der OPEC-Sekretariats in Wien vom Freitag kostete ein Fass (159 Liter) aus der Förderung des Kartells laut dpa im Durchschnitt 52,69 US-Dollar (43,67 Euro). Das waren 35 Cent mehr als am Vortag.

Händler würden befürchten, dass die Öl produzierenden Länder schon im vierten Quartal die Nachfrage nicht mehr zur Gänze decken könnten, da die Ölförderung schon jetzt die Kapazitätsgrenzen erreicht habe, erklärte Ölexperte Ehsan Ul-Haq vom Wiener Energie-Broker PVM am Freitag im Gespräch mit der APA.

"Viel zu viele Ängste am Markt"

"Die 60-Dollar-Grenze ist schneller gefallen, als ich erwartet habe. Es sind viel zu viele Ängste am Markt", betonte Ul-Haq. Anders als bei der Ölkrise zu Beginn der 80er-Jahre würden die Ölpreise heute nicht mehr dadurch getrieben, dass die Produzenten Öl zurückhielten. "Jetzt liegt es an der hohen Nachfrage", betonte der Ölexperte. Seiner Meinung nach werden die Preise so lange weiter steigen, bis die Grenze erreicht sei, wo der Ölverbrauch zurückgehen werde. Wann dies der Fall sein werde, sei derzeit aber "noch völlig offen".

In der zweiten Jahreshälfte ist die Nachfrage grundsätzlich immer höher - dann nämlich, wenn sich Konsumenten für den Winter mit Ölvorräten eindecken. Schon jetzt haben aber vor allem die Raffinerien in der Ölverarbeitung ihre Grenzen erreicht. Aber auch in der Ölförderung werden die Ressourcen langsam enger.

Opec-Förderung nahe an den Kapazitätsgrenzen

Um die Märkte zu beruhigen haben die Staaten der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), die etwa 40 Prozent des Weltmarktes dominieren, zuletzt ihre Förderquoten nahe an ihre Kapazitätsgrenzen auf über 28 Mio. Fass pro Tag angehoben. Anfang der Woche hatte OPEC-Präsident Scheich Ahmed el Fahd el Sabah erklärt, er werde noch diese Woche mit den Ölministern Gespräche über die Freigabe weiterer 500.000 Fass aufnehmen, falls sich der Ölpreis bis Wochenende nicht beruhigen sollte - was nun offensichtlich eingetreten ist.

Insgesamt hat die OPEC derzeit noch Förderreserven von etwa drei Mio. Fass pro Tag. Auch aus Russland, dem größten Ölexportland außerhalb der OPEC, ist zuletzt nach der Krise um den Ölkonzern Yukos deutlich weniger Öl in die Welt geflossen.

Von dem Beginn einer neuen Ölkrise will Ul-Haq aber noch nicht sprechen. Nach heutigen Preisen sei der Ölpreis Anfang der 80-er bei 90 Dollar gelegen. Dass dieses Niveau bald wieder erreicht werden könne, glaubt Ul-Haq derzeit nicht. "Davor wird die Verbrauch dann wohl doch zurückgehen", schätzt er. (APA/dpa)