Trotz schlechter Wirtschaftslage und Konsumflaute steigen die Auflagen von Obdachlosenzeitungen und sozialen Straßenzeitungen in Deutschland. "Nach einem Einbruch Mitte der neunziger Jahre steigen bundesweit die Auflagen wieder", sagte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Sozialen Straßenzeitungen (Stuttgart), Beatrice Gerst, anlässlich eines Treffens von Verkäufern am Freitag in Hamburg. "Mittlerweile blicken wir optimistisch in die Zukunft." Bundesweit erreichen die Magazine eine geschätzte Auflage von mindestens 250.000 Exemplaren.

Rund 50 arbeits- und obdachlose Verkäufer trafen sich ab Freitag für drei Tage in der Hansestadt zum Erfahrungsaustausch. "Die Zeitungen sind eine sozialpolitische Lobby geworden", sagte Gabi Brasch vom Diakonischen Werk, das das Hamburger Magazin "Hinz & Kunzt" mit herausgibt. Die Projekte würden den Betroffenen neue Perspektiven eröffnen. "Die Rahmenbedingungen für Obdachlose haben sich in den letzten Monaten und Jahren verschlechtert", sagte Brasch. Um so wichtiger sei das Engagement der rund 40 Straßenzeitungen in Deutschland, die meist als Verein oder gemeinnützige Gesellschaft betrieben werden.

"Hinz & Kunz" aus Hamburg eines der ersten Projekte

Das Hamburger Straßenmagazin "Hinz & Kunz" gehörte zu den ersten Projekten in Deutschland. "Gestartet sind wir mit einer Auflage von rund 30.000 Stück", sagte Chefredakteurin Birgit Müller. Zeitweise wurde das monatlich erscheinende Blatt mehr als 100.000 mal verkauft. Aktuell würden rund 80.000 Stück gedruckt. "Wir haben die sozialen Probleme nicht beseitigen können", sagte Müller. Aber viele Bedürftige hätten so eine Aufgabe erhalten. Vom Erlös der verkauften Magazine, behalten die Verkäufer die Hälfte.

Auch in Österreich gibt es mehrere Straßenzeitungen: Die Wiener haben ihren "Augustin", das "Megaphon" erschallt in Graz, in Linz wird die "Kupfermuckn" herausgegeben, "Apropos" heißt das Salzburger Projekt, den "Zwangzger" verkauft man in Innsbruck. (APA/dpa)