Bratislava - "Wie kann ich Ihnen helfen?" Erika Rozkov´a, Chefin des "Verbindungsbüros" der Stadt Wien in Bratislava, ist die Überraschung vom Gesicht abzulesen. Mit unerwartetem Besuch wird in der "N´amestie Slov. N´arodn´eho Povstania" nicht gerechnet.

Rozkov´a ist die Büroleiterin von Compress Bratislava. Dieses 1998 gegründeten Verbindungsbüro der Stadt Wien soll künftig 32.588 Euro pro Monat als "Pauschalbetrag" aus dem Rathausbudget bekommen. Viel Geld, und doch nur ein Krümel vom Kuchen, den der neue Compress Verlag auf einen Schlag für die nächsten zehn Jahre von der Stadt Wien erhalten soll: 146,4 Millionen Euro (DER STANDARD hat berichtet).

Viel zu hoch, viel zu langfristig, kritisiert Grünen-Stadtrat David Ellensohn. Und weil er wissen wollte, was so ein Verbindungsbüro eigentlich tut, hat er zu einer Fahrt nach Bratislava eingeladen.

Wiens Aushängeschild ist eine Baustelle

Wiens Aushängeschild in der Slowakei ist in einer Wohnung in einem Hochhaus angesiedelt und derzeit eine Baustelle. Zu dritt arbeite man hier, sagt Rozkov´a – eigentlich bräuchte man noch mehr Mitarbeiter. Täglich werde ein Pressespiegel erstellt sowie Daten des Landes, der Region und der Stadt gesammelt, erklärt die Büroleiterin ihre Arbeit. Und dann kommen noch Delegationen aus Wien, die betreut werden müssen: am Freitag etwa die Gebietsbetreuung Gumpendorf. Mitgebracht hat sie auch zwei Tageszeitungen. Dort erscheinen regelmäßig Wien-Kulturtipps – etwa zur "Langen Nacht der Musik". Von Compress zusammengestellt, gratis von den Medien übernommen, so die Büroleiterin.

Compress Bratislava ist nur eines von elf Büros, die die Stadt Wien im Ausland betreibt – unter anderem in Prag, Budapest oder Zagreb. Veranschlagte Kosten "abzüglich Rabatt": 878.965 Euro. Das Headoffice in Wien kostet zusätzlich über 400.000 Euro.

Teure Lobbyarbeit

Für Grünen-Stadtrat Ellensohn hat sich jedenfalls nach seinem Bratislava-Besuch der "Eindruck verstärkt, dass hier Geld vernichtet wird". Grundsätzlich sei eine Lobbyarbeit für Wien in den "Erweiterungsstädten" sinnvoll – diese falle aber eben zu teuer aus. Die Grünen werden kommende Woche im Gemeinderat fordern, dass der 146,4 Millionen Eurovertrag von der Tagesordnung genommen wird – und einen Antrag auf Neuausschreibung einbringen.

Kritik

Der Compress Vertrag ist nicht der einzige Kritikpunkt: Auch mit der Bohmann Druck- und Verlagsgesellschaft will die Wiener SPÖ ein "Medien-Fullservice" vereinbaren: Gesamtkosten 73 Millionen Euro. Laufzeit: fünf Jahre. Wird um drei Jahre verlängert, steigen die Kosten auf 116,8 Millionen Euro an.

Für den Chef der zuständigen MA 53, Fred Vavrousek, ist trotzdem klar: "Die Verträge kommen nächste Woche in den Gemeinderat. Und zwar unverändert." Es gebe "keinen Grund, da irgendetwas zu ändern. Vergaberechtlich ist alles in Ordnung." Der Nutzen der Wien-Büros sei messbar, mit den neuen Verträgen gebe es noch mehr Leistungen, so Vavrousek: "Der Gegenwert, den wir erwarten und hoffentlich auch kriegen, ist ein Vielfaches." (Peter Mayr aus Bratislava, DER STANDARD Printausgabe 25/26.6.2005)