Hamburg - Internetanbieter müssen in Deutschland künftig Schadenersatz leisten, wenn sich Teilnehmer über ihre Dienste Raubkopien von Musiktiteln besorgen. Das berichtet die "Financial Times Deutschland" (Mittwochausgabe). In einem Musterprozess gegen den weltweit größten Internet-Provider AOL hat ein Gericht erstmals in Deutschland die Haftung von Online-Diensten für die Verbreitung unlizenzierter Musikaufnahmen festgestellt. "Das Urteil ist ein Meilenstein bei der Durchsetzung von Urheberrechten im Netz", sagte der Sprecher der Verwertungsgesellschaft Gema, Hans-Herwig Geyer, der Zeitung. Das noch unveröffentlichte Urteil, (Az: 7 0 3625/98), das der "Financial Times Deutschland" komplett vorliegt, habe große Bedeutung für alle Musikverlage, Verwertungsgesellschaften und Musiker, die bislang gegen Musikpiraten im Internet nur beschränkte rechtliche Handhabe hatten. Der Schaden der Musikindustrie durch Raubkopien im World Wide Web habe allein im vergangenen Jahr bei 140 Millionen Mark (71,6 Mill. Euro/985 Mill. S) gelegen. In dem Verfahren vor dem Münchner Landgericht ging es um ein so genanntes Musik-Soundforum, das der Internet-Provider AOL eingerichtet hatte. Von dort aus konnten die AOL-Nutzer Musiktitel (Musikfiles) unkontrolliert herauf- und herunterladen, heißt es in der Urteilsbegründung. Unter den Musiktiteln befanden sich auch so genannte MIDI-Files. Das sind Instrumentalversionen von Musiktiteln, die nicht über CD oder Kassetten, sondern nur über Computerdisketten abgespielt werden können. Einer der größten Anbieter von MIDI-Files in Deutschland, die Hit Bit Software GmbH, zog 1998 vor Gericht. Sie verlangte Schadenersatz in sechsstelliger Höhe. Das Unternehmen fühlte sich in seinen Urheberrechten verletzt. AOL dagegen lehnte eine Haftung ab. Schließlich können Musikfiles "kinderleicht hergestellt, verbreitet und vervielfältigt werden und würden über das Internet geradezu verschenkt", wird AOL in dem Urteil zitiert. (APA/dpa)