München/Innsbruck - "Was der Kollege getan hat, ist eine Riesensauerei, aber nicht strafbar", erklärte Richter Stephan Kirchinger in der Begründung des Freispruchs für einen 45-jährigen Tiroler Richter vom sexuellen Kindesmissbrauch.

Pfingsten 2004 war der Richter im Bad Tölzer Erlebnisbad Alpamare beim Oralverkehr mit einem 13-Jährigen auf der Toilette erwischt worden war. Von Anfang an hatte der Mann behauptet, davon ausgegangen zu sein, es mit einem über 14-jährigen Jugendlichen zu tun zu haben.

Eine Umfrage bei 300 Personen anhand eines Fotos sowie viele Zeugenaussagen stützten diese Einschätzung, weshalb der Schöffensenat zum Schluss kam, dass der Beschuldigte "gröbst fahrlässig", aber nicht "bedingt vorsätzlich" gehandelt hätte. Bei den sexuellen Handlungen sei kein Zwang ausgeübt worden.

Der Strafrahmen für sexuellen Missbrauch von Kindern liegt in Deutschland bei zwei bis 15 Jahren Haft. Staatsanwältin Claudia von Hirschfeld hatte zwei Jahren und drei Monate Haft gefordert und dies auch damit begründet, dass der Schutz von Kindern an der Altersgrenze auf dem Prüfstand stünde. Ob sie gegen den Freispruch Rechtsmittel erhebt, ist noch offen.

Wigbert Zimmermann, Pressesprecher des OLG Innsbruck, erklärt, dass der Richter zumindest bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils vom Dienst suspendiert bleibe. Zu einem Disziplinarverfahren vor dem OLG Linz werde es jedenfalls kommen. Der Anwalt des beschuldigten Richters erklärt, sein Mandat wolle nicht mehr in das Richteramt zurückkehren, aber Beamter bleiben. (APA, hs, DER STANDARD Printausgabe 25/26.6.2005)