Doch eine so vordergründige Geschichte wollte der belgische Starchoreograf Wim Vandekeybus in seinem zur Eröffnung der Sommerszene Salzburg gezeigten Sensationsstück von 1989, Les porteuses de mauvaises nouvelles, nicht erzählen. Vandekeybus' energiegeladene Hiobsbotschafterinnen sind keine Frauenfiguren, denen Ambitionen am Bügeleisen anzusehen sind.
Sie erscheinen vielmehr als menschliche Varianten von Lara Croft, Catwoman, Dark Angel und ähnlichen Superfictionellas. Aber im Unterschied zu den Spektakelheldinnen müssen Gabrielle Nankivell, Berit Jentsch, Vania Vaneau und Eleonore Valère nicht ballern und boxen, weil ihre tänzerische "poetic power" allein schon genug Spannung im Publikum erzeugt.
Geschichtengeflecht
Vier Frauen und vier ihnen an Verve und Kraft nicht nachstehende Männer entwickeln ein Geflecht aus Geschichten über Kommunikation, Krisen, über Starksein- und Versagenkönnen, über das Arbeiten und das Flirten, über Mut, Wut und Eitelkeit, über Heidegger'sche Geworfenheit und Sartre'sche Verantwortung. Ein metaliterarisches, postdramatisches Stück, dessen Hauptverdienst nicht die Action der Tänzer ist, sondern seine geglückte Verbindung aus klaren choreografischen sowie visuellen Ideen und einem sehr bewussten Spiel mit Dynamik: Tanz, Timing, dem Licht und der Musik.
Im Vergleich zu jüngeren Arbeiten von Vandekeybus wie Blush oder Sonic Boom wirkt Les porteuses de mauvaises nouvelles konzeptuell ähnlich konzis wie seinerzeit Rosas danst Rosas von Anne Teresa De Keersmaeker im Vergleich zu deren späteren Arbeiten. Die frühen Stücke dieser beiden Leitfiguren der jüngeren europäischen Choreografie waren dementsprechend richtungweisend, die späteren sind nur noch Meisterwerke, die nicht selten eh- er bestechen als überzeugen können. Zudem beweisen Les porteuses de mauvaises nouvelles, dass die wenigen wirklich guten Tanz-Statements der 80er-Jahre auch heute noch wirken wie eben erst choreografiert.