Wien - Der Traum von der Kernfusion als vergleichsweise saubere, sichere und nahezu unerschöpfliche Energiequelle ist viele Jahrzehnte alt und begann mit einem Albtraum - in Form der ersten Zündung einer Wasserstoffbombe am 1. März 1954 in der Nähe des Bikini-Atolls. Dabei wurde das gleiche physikalische Prinzip angewendet, das auch den geplanten Fusionsreaktor ITER in Cadarache (Frankreich) mit Energie versorgen soll.

Bei der Zündung der H-Bombe passierte für einen kurzen Augenblick das, was in der Sonne kontinuierlich abläuft und damit auch unseren Planeten mit Energie versorgt: Es verschmelzen zwei Wasserstoff-Atomkerne zu einem Heliumkern und dabei werden enorme Energien frei. Damit sich die Kerne vereinigen können, bedarf es bestimmter Voraussetzungen. Atomkerne sind nämlich positiv geladen und stoßen einander elektromagnetisch ab. Erst wenn sie sich entgegen dieser abstoßenden Kraft mehr oder weniger berühren, kommt ein neuer Faktor ins Spiel, nämlich die so genannte Kernkraft. Diese ist wesentlich stärker als die abstoßende elektromagnetische Kraft und hält den neu entstandenen Kern zusammen.

In der Sonne wird die abstoßende Kraft durch die hohe Masse des Sterns im Inneren überwunden. Die Teilchen werden, vereinfacht gesagt, durch die Gravitation so stark zusammengequetscht, bis die Kernkraft zwischen ihnen zu wirken beginnt. In der H-Bombe wurde die nötige Start-Energie für die Fusion dagegen mit einer kleinen Atom-Bombe produziert. Dabei entstehen kurzfristig Temperaturen von bis zu 50 Millionen Grad. Das Hauptproblem für die friedliche Nutzung der Fusion ist daher schlicht die Wahl der Materialien, welche Hitze und Neutronenstrahlung aushalten und für einen kontrollierten Ablauf sorgen.

1997: Fusionsleistung von zwölf Megawatt erreicht

Am erfolgreichsten waren die Forscher bisher beim 1983 gestarteten europäischen Kernfusionsprojekt JET (Joint European Torus), wo 1997 erstmals eine - kurzzeitige - Rekordfusionsleistung von zwölf Megawatt erzeugt wurde. Damit wurden bereits 65 Prozent der hineingesteckten Energie zurückgewonnen, später wurden sogar 90 Prozent erreicht. ITER soll 500 Megawatt erzeugen, allerdings frühestens in einigen Jahrzehnten.

Die Fusion hat gegenüber der Kernspaltung - wie sie in herkömmlichen Atomkraftwerken abläuft - entscheidende Vorteile. Vor allem entstehen gleichsam als Asche keine radioaktiven Spaltprodukte, die dann endgelagert werden müssten. Auch kann ein Fusionsreaktor - so versichern die Wissenschafter - nicht durchgehen. (APA)