Wien - Die anstehenden Parlamentsbeschlüsse zu Asyl und
Zivildienst bringen die SPÖ in Erklärungsnot bei den NGOs. In einem
polemischen offenen Brief fordert die Hilfsorganisation "Asyl in Not"
unter dem Titel "Wer hat uns verraten" die SP-Abgeordneten auf,
keinem Gesetz zuzustimmen, das die Zwangsernährung von Asylsuchenden
beinhaltet. Die Plattform für Zivildiener wiederum verlangt von der
SPÖ, eine Gleichbehandlung mit den Präsenzdienern durchzusetzen.
"Der Zivildienst ist ein dem Präsenzdienst gleichwertiger Ersatz.
Es ist daher unverständlich, warum der Zivildiener in einer Vielzahl
von Bereichen benachteiligt wird", heißt es in dem offenen Brief. Die
Abgeordneten werden ersucht, einer neuerlichen Festschreibung der
Dienstverlängerung im Verfassungsrang nicht zuzustimmen: "Eine
Festlegung der Zivildienstdauer auf 9 Monate würde eine Verschärfung
des bestehenden Unrechts bedeuten", meinen die Zivildiener-Vertreter.
Einlenken
Sollte die SPÖ bei der Verkürzung nur um drei Monate nicht
mitmachen, rechnet die Plattform mit einem Einlenken der Volkspartei.
Die ÖVP werde keine Regelung riskieren, wonach der Zivildienst
strafhalber doppelt so lange wie der Präsenzdienst dauere: "Das
Resultat wären Massen junger Pazifisten, die aus wirtschaftlichen
Gründe zum Heeresdienst gezwungen würden und ein drastischer Rückgang
der Hilfskräfte in sozialen Einrichtungen und dem Rettungswesen."
Michael Genner von "Asyl in Not" findet noch drastischere Worte,
um den SPÖ-Klub zu überzeugen: "Ihr werdet daher dem rassistischen
Schandgesetz der Damen Prokop und Miklautsch Eure Zustimmung
verweigern. Oder irre ich mich sehr?" "Asyl in Not" nehme auch nicht
hin, dass die Ausnahmeklausel für Traumatisierte und Folteropfer
(keine Abschiebung in Drittstaaten, Anm.) aus dem neuen Gesetz
gestrichen werde: "Wir hoffen sehr - und zwar auch für Euch und im
Interesse Eurer künftigen Zusammenarbeit mit uns NGOs - dass Ihr
einer solchen Ungeheuerlichkeit nicht zustimmen werdet", droht
Genner. (APA)