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"Armstrong wird von Jahr zu Jahr noch stärker"

Foto: APA/PARIGGER
Wien - Georg Totschnig startet am Samstag mit dem 19-km-Zeitfahren in Fromentine in seine siebente Tour de France. Es soll die bisher beste werden in der Karriere des 34-jährigen Kletter-Spezialisten, der sich bei jeder Teilnahme verbessert hat - im Vorjahr auf Rang sieben. Noch mehr wert wäre für den zweifachen Familienvater aus dem Zillertal aber ein Etappensieg.

Dieser sei sein vorrangiges Ziel, erklärte Totschnig im APA-Interview, in dem er u.a. auch über Superstar Lance Armstrong, die Situation in seinem Team Gerolsteiner und nicht zuletzt über die Dopingproblematik sprach.

Sie waren vor zehn Jahren beim letzten Toursieg von Miguel Indurain dabei und fahren jetzt mit Lance Armstrong. Kann er den siebenten Erfolg in Serie schaffen?

Totschnig: "Die zwei Typen kann man von Stil und Charakter her nicht vergleichen. Wenn jemand sieben Siege in Serie schafft, dann Armstrong. Dann gelingt das hundert Jahre keinem mehr. Er ist sehr gut in Form und hat eine superstarke Mannschaft. Er wird von Jahr zu Jahr noch stärker."

Mit welchen Voraussetzungen gehen Sie selbst in Ihre siebente Tour?

Totschnig: "Ich war vergangene Woche erkältet, das habe ich schon gegen Ende der Tour de Suisse gespürt. Ich bin noch immer nicht hundertprozentig fit, aber man kann nichts erzwingen. Ich habe zuletzt wenig trainiert, um die Verkühlung ganz auszuheilen. Für das Zeitfahren am Samstag ist das keine gute Vorbereitung, aber ich hoffe, dass bis zu den Begetappen alles in Ordnung ist."

Was sind Ihre persönlichen Ziele für die Tour?

Totschnig: "Ich möchte eine Etappe gewinnen, das ist mein vorrangiges Ziel. Zur Gesamtwertung kann ich nach der ersten Woche mehr sagen. Wenn ich da sturzfrei durchkomme und wenig Zeit verliere, ist eine Verbesserung der Platzierung vom letzten Jahr möglich."

Woraus schöpfen Sie Ihren Optimismus?

Totschnig:"Ich habe mich noch intensiver und konsequenter vorbereitet als in den letzten Jahren. Die Testwerte sind ähnlich wie 2004, aber wichtiger ist, wie man das im Rennen umsetzen kann. Ich habe im Vorjahr gesehen, dass ich mit den Besten mitfahren kann, das war enorm wichtig für das Selbstvertrauen, da traut man sich mehr zu."

In der zweiten Tour-Woche steht eine geballte Ladung von sechs Bergetappen auf dem Programm. Kommt das dem beständigen Kletterer Totschnig entgegen?

Totschnig: "Bei der Tour herrscht ein derart hohes Niveau, da entscheiden oft Kleinigkeiten. Bis zum Schluss kann alles passieren, ein schlechter Tag kann alles zunichte machen. Entscheidend wird sein, wie gleichmäßig man die Schwierigkeiten bewältigt."

Wie schätzen Sie die Stärke ihres Teams Gerolsteiner ein und wie ist die Situation mit Co-Kapitän Levi Leipheimer?

Totschnig: "Jeder von uns hat seine Freiheiten. Man wird sehen, ob wir uns gegenseitig helfen können. Wenn wir beide in den Bergen gut drauf sind, haben wir mehr Möglichkeiten. Auch für das Team ist es besser, wenn zwei starke Fahrer dabei sind."

Sie konzentrieren sich wie viele andere voll auf die Tour. Vermisst man da als Rennfahrer etwas in der restlichen Saison?

Totschnig: "Der Radsport hat sich gewandelt. Man muss sich auf die Rennen konzentrieren, in denen man seine Stärken hat. Ich muss mich als Bergfahrer auf die schweren Rundfahrten konzentrieren. Eine Etappe zu gewinnen ist ein Highlight der Karriere und ein Traum für das Team. Zudem ist die Tour das wichtigste Rennen."

Die Entbehrungen sind groß, fällt Ihnen das harte Training oder die Abwesenheit von der Familie schwerer?

Totschnig: "Mit den hohen Trainingsbelastungen kann ich umgehen, viel unterwegs zu sein ist das schwerste. Wenn man drei Wochen auf Höhentrainingslager ist und die Familie ist daheim, das fällt mir echt schwer."

Radprofis werden bei der Tour bewundert, aber man hört oft Aussagen, dass man diese Strapazen ohne leistungssteigernde Mittel gar nicht bewältigen kann. Was sagen Sie dazu?

Totschnig: "Eigentlich möchte ich das nicht kommentieren, wer das sagt, ist ahnungslos. Jeder kann ohne verbotene Mittel die Tour fahren, einer schneller, der andere langsamer. Die Profis, die am Start stehen, fahren seit ihrem zehnten oder 15. Lebensjahr, sie haben 30.000 Kilometer pro Jahr in den Beinen."

Der Nachweis von Dopingsubstanzen wird immer besser, nimmt die Zahl der Schwarzen Schafe im Radsport dadurch ab?

Totschnig: "Ich bin Realist genug, um zu wissen, dass das Problem nie ganz von der Bildfläche verschwinden wird. Das gibt es seit der Antike, dass sich jemand im Sport Vorteile verschafft. Aber beim Nachweis von Doping hat sich viel getan, der Radsport hat sich zum Positiven entwickelt. Wir haben die neuesten und häufigsten Kontrollen. Es wäre schön, wenn im internationalen Sport alle mit gleichem Maß gemessen werden."(APA)