Fast einen gesamten Baselitz- Jahresumsatz (2004) deponierte mit 1,35 Millionen Euro ein amerikanischer Sammler bei Christie's für das Gemälde "Partisan".

Foto: Christie's
Rekordumsätze untermauern Christie's Marktführerschaft. Die Gegenwart lässt die Meister früherer Tage gerade alt aussehen.


Wien - Gemessen am vergangenen Jahrzehnt wirkt das aktuelle Preiswachstum schon fast unheimlich: Zwischen Juli 1994 und Juni 2004 belief sich der jährliche Durchschnitt laut Artprice auf 3,7 Prozent. Seit Anfang dieses Jahres verbucht man etwa bei Gemälden einen vergleichsweise gigantischen Anstieg um 15,8 Prozent, bei Zeichnungen gar 19,2 Prozent.

Und während sich die Sektion Alter Meister derzeit weltweit eher rückläufig präsentiert - seit Juli 1994 lag das Wachstum bei 4,6 Prozent, seit Juni 2004 bei minus 3,5 - boomen die Zeitgenossen unaufhörlich.

Innerhalb der vergangenen elf Monate steigerte sich die Sparte um 17,4 Prozent, seit 1994 damit um insgesamt 75,8 Prozent. Ein Blick auf die Umsätze der großen Auktionshäuser dokumentiert eine klare Marktführerschaft: Christie's. Nimmt man die Protagonisten als Basis, spielt Sotheby's an der Spitze mit. Die theoretische Führung liegt bei Jeff Koons, der den Auktionatoren mit 37 Arbeiten einen satten Jahresumsatz von 14,89 Millionen Euro bescherte. Die praktische Führung hält Damien Hirst, der sich dank einer einzigen Auktion in die Oberliga katapultierte: Insgesamt wechselten 2004 weltweit 234 Werke Hirsts im Wert von 19,27 Millionen Euro den Besitzer - allein 16 Millionen davon klopfte Sotheby's im Oktober mit der Versteigerung des Pharmacy-Restaurant-Inventars zusammen.

Vergangene Woche holte Sotheby's zwei neue Rekorde: Das schon im Vorfeld als Top-Los gehandelte seltene, 1943 ausgeführte Selbstporträt Lucian Freuds fand für 5,56 Millionen Euro und damit für mehr als den gesamten Jahresumsatz 2004 einen neuen Besitzer. An die zweite Stelle des Top-Ten-Rankings hoben die Experten der New Bond Street David Hockney, für dessen Arbeit "Sitzende Frau bekommt Tee serviert" ein anonymer Bieter 2,7 Millionen und damit einen Weltrekord hinterlegte (Jahresumsatz 2004: 2,5 Millionen Euro, 189 Arbeiten). Nicht weniger eifrig begleiten die Kollegenschaft in der King Street den Contemporary-Boom, mit international längst etablierten Größen und einer erstarkenden Sektion deutscher Künstler.

Das teuerste Lot der vergangenen Woche wurde Francis Bacons "Portrait of George Dyer Staring into a Mirror", das man für 7,4 Millionen Euro einer Privatsammlung zuschlug (Jahresumsatz 2004: 11,64 Millionen Euro, 53 Arbeiten) - nur einer von insgesamt neun in dieser Sitzung erzielten Weltrekorde.

Dieses Attribut sicherte Christie's auch Georg Baselitz und Rosemarie Trockel. Das der "Heldenserie" zugehörige Gemälde "Partisan" des deutschen Malerfürsten übertraf den bisherigen Rekord (2001 Christie's, New York) um deutliche 500.000 US-Dollar und wechselte für umgerechnet 1,35 Millionen Euro in amerikanischen Besitz (Jahresumsatz 2004: 1,8 Millionen Euro, 59 Arbeiten).

Rosemarie Trockel zählt zu den eher leiseren Stars. Für ihr "Fleckenbild" (1988) deponierte man bei Christie's 153.000 Euro (Jahresumsatz 2004: 265.600 Euro, 10 Arbeiten). Seit Kurzem steigen ihre Arbeiten massiv im Wert - von 2002 auf 2003 um herausragende 215 Prozent (!), auf 2004 um weitere 24 Prozent. Und das sind nur einige der Puzzlesteine, die man für die Marktführerschaft benötigt.

Die harten Fakten: Im Februar schaffte Christie's in London mit 35,59 Millionen Euro den bislang höchsten Umsatz dieser Sparte auf europäischem Boden, im Mai folgte ein 133,7 Millionen US-Dollar schweres Zwischenspiel in New York. Vergangene Woche überholte man mit imposanten 48,35 Millionen Euro den Meilenstein von Februar. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.6.2005)