Foto: OMV
Kopenhagen/Wien - Der Öl-und Gaskonzern OMV hat gemeinsam mit seinem Kernaktionär IPIC (International Petroleum Investment Company; Abu Dhabi) künftig das alleinige Sagen bei dem nach der deutschen BASF größten Kunststoffhersteller Europas, Borealis.

Das Headquarter könnte aus Dänemark nach Wien verlegt werden, deutete OMV-Vize-Generaldirektor Gerhard Roiss am Rande der Vertragsunterzeichnung am Donnerstag an. Ein späterer Börsengang ist bereits fixiert.

920 Millionen Euro

Die bisherigen Vierteleigentümer von Borealis, OMV und IPIC, legen für den Hälfteanteil der Statoil 920 Mio. Euro auf den Tisch. Die OMV stockt auf 35 Prozent auf - und zahlt dafür 184 Mio. Euro. IPIC, die an der OMV mit 19,6 Prozent beteiligt ist, erhöht ihren Borealis-Anteil auf 65 Prozent - und zahlt 736 Mio. Euro.

Bereits im Frühjahr hat es Gerüchte gegeben, Statoil wolle aussteigen und sich ganz auf das Gas- und Ölgeschäft konzentrieren. Ursprünglich wollte IPIC die 50 Prozent allein übernehmen. Dass nun auch die OMV mitziehen darf, werten Analysten wie Klara Szekffy von der Raiffeisen Centro Bank als "gutes Zeichen, dass es zwischen den beiden stimmt".

Grundlegend umstrukturiert

Borealis sei in den Jahren 2002/03 grundlegend umstrukturiert, die Verschuldung kräftig gesenkt worden. Da die Marktentwicklung bei Polyethylen und Polypropylen sehr gut sei, sollte sich die höhere Beteiligung der OMV an Borealis auf alle Fälle lohnen, sagte Szekffy im Gespräch mit dem STANDARD.

Im Vorjahr sind der OMV aus der 25-Prozent-Beteiligung 51 Mio. Euro zugeflossen; im ersten Quartal 2005, wo sich das operative Ergebnis von Borealis (Ebit) auf 110 Mio. Euro fast verdoppelt hat, waren es 21 Mio. Euro.

Mit Borealis sei die OMV in einem besonders wachstumsträchtigen Segment tätig, betonte Roiss. Der globale Kunststoffmarkt sei 80 Mrd. Euro schwer und wachse, anders als der eher stabile Ölproduktesektor, mit Raten von vier bis fünf Prozent jährlich.

Fokus Mittlerer Osten

In Österreich setzte Borealis 2004 mit rund 690 Mitarbeitern (500 in Schwechat, 190 in Linz, 120 Mitarbeiter im bayrischen Burghausen) rund eine Mrd. Euro um. Insgesamt waren es 4,6 Mrd. Euro.

Künftig wolle man sich verstärkt auf den Mittleren Osten mit Blickrichtung Asien konzentrieren. Die Region sei der billigste Rohstofflieferant, der Riesenmarkt China liege praktisch vor der Haustür. Roiss: "Der Transport von Abu Dhabi nach China kostet so viel wie von Wien nach Innsbruck". China hat schon 18 Prozent Anteil am Kunststoff-Weltmarkt, Europa 32 Prozent.

Bereits fixiert ist ein späterer Börsengang von Borealis, noch offen sind jedoch der Börsenplatz und der genaue Zeitpunkt. Roiss: "Das IPO ist entschieden, je nach der zyklischen Situation der Branche könnte es in fünf bis sechs Jahren erfolgen."

Die Entscheidung über das künftige Headquarter, für das auch Wien wegen der gesunkenen Steuerbelastung Chancen hat, soll bis Mitte 2006 fallen. (stro, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 01.07.2005)