Wenn Argumente nicht mehr nützen, der Druck größer wird, dann kommt der Wunsch nach einer neuen Qualität im Umgang mit Macht und Kampf. Jetzt entsteht in Wien eine private Bildungseinrichtung zum Erlernen eines kultivierten Umganges mit Macht.

"Der Mensch, der zu allen Zeiten gut sein will, wird sich zwangsläufig ruinieren angesichts der vielen Menschen, die nicht gut sind", postulierte Niccoló Machiavelli. Christine Bauer-Jelinek, Wirtschaftscoach und Psychotherapeutin, reflektiert diese Ansicht, was sie zur Gründung eines eigenen Instituts für Machtkompetenz geführt hat. "Macht wird gebraucht, wenn Wille und Widerstand vorhanden sind", lautet ihre Begriffsdefinition. Damit unterscheidet sie sich von Max Weber, der Macht als "Vermögen, sich gegen Widerstände durchzusetzen, gleich mit welchen Mitteln" definiert. Das sieht sie als "Gewaltdefinition", ihr geht es zuerst um die Beherrschung der friedlichen Machtformen.

Machtkompetenz bedeute, so Bauer-Jelinek, Techniken zu beherrschen und im richtigen Augenblick anwenden zu können, erklärt sie die Lehrinhalte ihres Instituts, denn: Negative Machtdefinitionen sind nicht wegzudiskutieren, die folgende Reaktion auf das Thema mit "Ich will aber nicht so werden" auch nicht.

Als friedliche Formen der Macht nennt sie:

  • Gezielte Information: Ziele, Grenzen, Absichten kommunizieren und nicht erwarten, dass das Gegenüber Gedanken und Körpersprache lesen kann.
  • Konstruktive Verhandlung: nützliche Angebote machen, auf Teilbereiche verzichten, nicht Biberfelle gegen Glasperlen tauschen, aber sich überlegen, was der Partner brauchen kann.
  • Geordneter Rückzug.

Und wenn aus einem Partner ein Gegner wird? Das Ritual des Fehdehandschuhs wird ja nicht mehr gepflegt, vor einem Kampf wird auch nicht mehr Respekt mittels Verbeugung erwiesen. "Schärfen der Wahrnehmung, wann aus Partnern Gegner werden" ist eines der Anliegen zum Thema. "Manchmal sind Menschen gezwungen zu kämpfen, dann, wenn die Notwehr einsetzt", so Bauer-Jelinek. Dazu gehöre aber auch das Akzeptieren einer Täterrolle. Die meisten Menschen würden "unbewusst austeilen". Machtkompetenz bedeute, bewusst auszuteilen und die geringstmögliche Waffe als Antwort zu finden, also möglichst wenig Schaden zu erzeugen. "Wenn friedliche Techniken nicht fruchten und Selbstschädigung nicht erwünscht ist, dann müssen Sie kämpfen", so Bauer-Jelinek im Workshop, auch Autorin der "Businesskrieger" und von "Die helle und die dunkle Seite der Macht".

Tatsache sei, dass so gut wie jeder ständig mit verdeckten Kämpfen zu tun habe. Im Ernstfall Techniken zu üben sei nicht der richtige Weg. Erkenntnis über die Bestückung der "drei Waffenkammern" passiver, aktiver und verdeckter Techniken sei wichtig, um zu erkennen, womit andere arbeiten. Die Kunst sei dann die Wahl der Waffen.

Dabei sei der ethische Aspekt, also die innere Legitimation, zentral. Ihre Zielgruppe "sind Menschen, die die Ethik mitnehmen wollen, sicher nicht jene, die lernen wollen, ein Charakterschwein zu werden". Solche Anleitungen hält sie für "den Ausschlag eines Pendels zu einem lange tabuisierten Thema". (Der Standard, Printausgabe 2./3.7.2005)