Man wird in den Schaltzentralen der Bundeshauptstadt kaum jemand finden, der über Hans Winkler schlecht redet. Wenn SPÖ und FPÖ seine Beförderung zum Staatssekretär im Außenamt nach der Bekanntgabe sofort als "unnötig" und "Geldverschwendung" abtun, hat das mit der Person des gelernten Diplomaten nichts zu tun. Da äußert sich nur ein wenig feiner Reflex österreichischer Innenpolitik im Spiel Regierung-Opposition: zuerst einmal zuschlagen, dann nachdenken.

Sachgemäß hätte die Opposition sagen müssen: Wird ja auch langsam Zeit, dass Österreich so knapp vor einer sehr schwierigen EU-Präsidentschaft professionell-diplomatisch "aufrüstet", also das hat, was in anderen Ländern selbstverständlich ist: einen eigenen EU-Minister. Oder eben Staatssekretär, wie schon 1998 in Person von Benita Ferrero-Waldner.

"Seriöser Profi"

Letztere Argumentation träfe eher den Stil Winklers, dem plumpes juristisches wie politisches Agieren aus reiner Parteisympathie genauso fremd ist wie eine Parteimitgliedschaft. Manfred Rotter, ein ebenso angesehener Rechtsprofessor aus Linz, nennt seinen Freund Hans schlicht und einfach einen "seriösen Profi, einen kritikfreundlichen, liberalen Bürgerlichen". Ein Parteibuch anzunehmen sei ihm überhaupt nie in den Sinn gekommen, sagt Winkler selbst.

Man müsste ergänzen: Der bisherige Chef des Völkerrechtsbüros kommt einem als außerordentlich quirlige Persönlichkeit entgegen; ein Freigeist, ein Durch-und-durch-Jurist und -Diplomat, der auch mit 60 Jahren noch voller Begeisterung von seinem Beruf spricht; ein warmherziger, gebildeter Mensch, der mit seiner Frau seit Jahrzehnten mehrmals pro Monat auf den Stehplatz der Staatsoper geht, um seiner "zweiten Leidenschaft" zu frönen.

Spätestens seit dem Zustandekommen der Entschädigung von NS-Opfern genießt Winkler partei- und institutionenübergreifend höchstes Ansehen: Das Restitutionspaket hat er federführend gemeinsam mit dem kürzlich verstorbenen früheren Chef der Diplomatischen Akademie, Ernst Sucharipa, geschnürt. Sucharipa/Winkler verkörperten ein Team, das zum Besten der österreichischen Diplomatie gehörte.

Winkler besuchte das Gymnasium Theresianum in Wien, war sehr früh fasziniert von "der praktischen internationalen Politik", wie er selber sagt: dass Staaten sich Regeln geben müssen, sonst sei Chaos. Von der Studienzeit in den 60ern nahm er mit, dass "der Mensch im Mittelpunkt steht". Mehrfach war er auf Mission im Ausland, immer wieder kehrte er ins Völkerrechtsbüro zurück, seit 35 Jahren. "Glück" ist für ihn, wenn man "etwas tun kann, was Spuren bei den Menschen hinterlässt". Wie der Humanist das bei Europa bewirken will, wird er nun zeigen. (Thomas Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 4.7.2005)