Wien - "Was tut Österreich für die Erreichung der Millenniums-Ziele?": Unter dieser Leitfrage stand ein Hintergrundgespräch zum bevorstehenden G-8-Gipfeltreffen im Wiener Außenministerium. Österreich gehört im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) nicht zu den "Musterknaben", gab Kurt Bayer, Leiter der Gruppe Wirtschaftspolitik und Internationale Beziehungen im Finanzministerium, laut Kathpress zu. Man müsse "eingestehen", dass Österreich mit seiner bisherigen Quote von 0,23 Prozent des Bruttonationalprodukts, die für EZA aufgewendet werden, im hinteren Drittel der OECD-Länder liege. Das werde sich aber ändern, verwies Bayer auf heuer von den EU-Mitgliedern festgelegte koordinierte Erhöhungen: Bis 2010 müssen mindestens 0,51 Prozent des Bruttonationalprodukts für Entwicklungszusammenarbeit aufgewendet werden, 2015 sollen es dann 0,7 Prozent sein. In absoluten Zahlen bedeutet das laut Bayer: Wendete Österreich im Jahr 2000 noch 477 Millionen Euro für EZA auf, sind es heuer schon rund 1 Milliarde, 2010 dann rund 1,5 und 2015 erwartete 2,3 Milliarden. "Das ist viel Geld", so der frühere Weltbank-Mitarbeiter, "es ist wichtig, dass es auch ordentlich ausgegeben wird". Denn mindestens so wichtig wie die Quantität sei die Qualität der geleisteten EZA.

"Später, aber nicht zu spät" Fast zur Halbzeit bis zur beabsichtigten Umsetzung im Jahr 2015 sei es "spät, aber nicht zu spät" für die Millenniums-Ziele wie die Halbierung von Armut und Hunger, betonte die frühere niederländische EZA-Ministerin Eveline L. Herfkens, die jetzt UN-Sonderbeauftragte für die Millenniums-Ziele ist. In einigen der ärmsten Länder Afrikas wie Mozambik habe es merkliche Erfolge gegeben. Aber immer noch müssten zwei Drittel der Weltbevölkerung in Armut leben. Die verantwortlichen Politiker würden zwar viele "schön klingende Deklarationen" verabschieden, aber zu wenige Taten setzen, so Herfkens. Letztlich könne nur die Bevölkerung der reichen Länder Druck auf die Regierungen ausüben. Viele Initiativen und Vernetzungen rund um den Erdball würden zeigen, dass es viel Unterstützung in den Zivilgesellschaften für eine effiziente Armutsbekämpfung gebe. Im Blick auf Österreich empfahl Herfkens, hier müsse ein Dialog darüber entstehen, ob das Land in Bezug auf EZA "im letzten Waggon sitzen oder Lokomotive sein" wolle.

"Andere" Schwerpunkte Elfriede Schachner, Sprecherin der "0,7-Prozent-Kampagne" in Österreich, wies darauf hin, dass weltweit tagtäglich 30.000 Kinder an vermeidbaren Krankheiten sterben. Österreich trage Verantwortung, dass sich diese Schreckenszahl verringert. Laut Schachner sei es beschämend, dass es heuer 30 Jahre her ist, seit sich die Republik erstmals zum 0,7-Prozent-Ziel bekannt habe, das nun in zehn Jahren endlich erreicht werden soll. Kritik übte sie auch an der Tatsache, dass Österreich Fragwürdiges in seiner EZA-Bilanz anführe: Exportförderungen, die mehr der eigenen Wirtschaft als jener der Entwicklungsländer dienen, würden ebenso miteinbezogen wie Entschuldungen wie jüngst im Fall des Irak: Dabei würden uneinbringbare Schulden, die auf lang zurückliegende Geschäfte mit Diktatoren basieren, gestrichen und als EZA-Erfolg dargestellt. Auch Botschafterin Irene Freudenschuss-Reichl - als Sektionschefin im Außenministerium für Entwicklungszusammenarbeit verantwortlich - plädierte für verstärkte Bemühungen, EZA in der österreichischen Öffentlichkeit zum Thema zu machen. Irene Freudenschuss-Reichl wies darauf hin, dass EZA-relevante Kompetenzen in Österreich in vielen verschiedenen Ministerien angesiedelt seien: Hier Kohärenz herzustellen sei nicht immer leicht - und wenn sie auf Beamtenebene erreicht sei, "setzt die Politik oft andere Schwerpunkte". (APA)