Brasília - Unter dem Druck einer schweren Korruptionsaffäre hat der brasilianische Staatspräsident Luiz Inácio "Lula" da Silva eine weit reichende Kabinettsumbildung beschlossen. Ein Regierungssprecher gab am Mittwoch in Brasilia die Namen dreier neuer Minister bekannt. Weitere neue Minister sollen laut Medienberichten am heutigen Freitag nach der Rückkehr Lulas vom G-8-Gipfel in Schottland bekannt gegeben werden.

Alle drei am Mittwoch ernannten Minister gehören dem Mitte-rechts-Koalitionspartner Partei der Demokratischen Bewegung Brasiliens (PMDB) an. Der Senatsangehörige Hélio Costa löst Kommunikationsminister Eunicio Oliveira ab. Neuer Chef des Energieressorts wird anstelle von Maurico Tomasquim der Präsident der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft Eletrobras, Silas Rondeau, während der Abgeordnete Saraiva Felipe als neuer Gesundheitsminister Humberto Costa ersetzt.

Die Regierung Lulas steckt in der tiefsten Krise seit dem Amtsantritt des linksgerichteten Präsidenten Anfang 2003. Die Korruptionsaffäre um die angeblichen Zahlungen von Schmiergeldern an Abgeordnete durch die Arbeiterpartei (PT) des früheren Gewerkschaftsführers Lula zieht in Brasilien immer weitere Kreise. Nachdem PT-Generalsekretär Silvio Pereira am Montag sein Amt zur Verfügung gestellt hatte, trat am Dienstag auch PT-Schatzmeister Delubio Soares zurück. Sie sollen eine wichtige Rolle bei den angeblichen Schmiergeldzahlungen gespielt haben.

Die Affäre überschattete auch das 15-Jahre-Jubiläumstreffen des Forums von Sao Paulo, eines losen Zusammenschlusses lateinamerikanischer Linksparteien. Lula hatte Stunden vor seinem Auftritt bei dem Kongress in Sao Paulo von neuen Verwicklungen der Parteispitze in dubiose Transaktionen erfahren. Der Partei-Werbemanager Marcos Valério Fernandes da Souza, der kofferweise Geld an Abgeordnete verteilt haben dürfte, um die Regierung parlamentarisch abzusichern, trat 2003 als Bürge für einen Millionenkredit an die PT auf und unterschrieb gleich neben Parteichef José Genoino. Souza zahlte sogar für die PT eine Rate an die Bank zurück. Damit wurde die Schlüsselrolle des Werbemanagers, de zugleich Millionenaufträge von Staatsfirmen erhielt, endgültig erhärtet.

Oppositionsabgeordnete sollen für die Unterstützung der Regierung im Parlament monatliche Schmiergelder von umgerechnet bis zu 10.000 Euro erhalten haben. Der Ethikausschuss des Kongresses untersucht zurzeit die Korruptionsvorwürfe. Beim Kongress in Sao Paulo kündigte Lula ein hartes Vorgehen an: "Wir werden unerbittlich gegenüber Gegnern und Verbündeten sein, die denken, dass sie sich weiterhin an öffentlichen Geldern bereichern können." (dpa, dil, DER STANDARD, Print, 8.7.2005)