Journalismus darf sich nicht wiederholen, Fernsehen ist sehr oft Wiederholung
Redaktion
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Wissen Sie, was eine TV-Tagebuch-Sommerdepression ist? Okay, ich erkläre es Ihnen. Der Tagebuchschreiber sitzt vor dem Fernsehgerät, sieht zum Beispiel "Liebesg'schichten und Heiratssachen" und macht sich Notizen. Doch plötzlich zweifelt er, da die diese Serie ja seit 1997 läuft und die darin erzählten Geschichten sich nicht wirklich stark voneinander unterscheiden, ob diese Notizen nicht 2004 ganz ähnlich waren. Journalismus darf einfach nicht immer nur Wiederholung sein. Fernsehen ist sehr oft Wiederholung, ob es darf oder nicht.
Verzweiflung macht sich breit angesichts des gebotenen Programms: Was soll man schon über Filme schreiben, irgendwelche Filme aus der zweiten Hollywood-Reihe. Zappen bringt es auch nicht. Bilder von den Folgen des Terrors in London vermischen sich mit Werbung, Sport, dann wieder seichte Filmunterhaltung und wieder Bilder vom Terror. Fernsehen kann an so einem Abend sein wie im Kreis fahren.
Da plötzlich: die Nachricht des Tages. Die ARD schickt Fernsehpfarrer Jürgen Fliege in Pension. Sein TV-Beichtstuhl ist ja schon seit 1994 offen. Aber ob Deutschlands Nachmittagsfernsehpublikum zwischen Kuchenbacken, Bügeln und sonstigen aufregenden Beschäftigungen so ein Ende verkraftet? Schließlich hat der Mann zum "Austausch" ermuntert und wollte die Seelen der Menschen erleichtern. Was nun? Wie soll man diese grausame Leere füllen? (pi/DER STANDARD, 11.7.2005)
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