Sarajevo - Zur Gedenkfeier am 10. Jahrestag des Massakers von Srebrenica sind Montag früh tausende Moslems in der bosnischen Stadt eingetroffen. Die Organisatoren zählten mehr 230 Busse aus allen Landesteilen mit hoher moslemischer Bevölkerungsdichte. Insgesamt werden rund 50.000 Gäste zu der Gedenkfeier erwartet. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat das Massaker als "schlimmste Greueltat in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg" verurteilt. An der Zeremonie nahe der bosnischen Stadt sollen unter anderem auch der britische Außenminister Jack Straw, sein französischer Amtskollege Philippe Douste-Blazy sowie der neue Staatssekretär im Außenministerium, Hans Winkler, teilnehmen.

Solana: "Wir haben Opfer verraten"

Javier Solana wies laut einem in der Belgrader Tageszeitung "Danas" erschienenen Artikel auf die Mitverantwortung der Staatengemeinschaft hin.

Das von bosnisch-serbischen Truppen und Milizen angerichtete Massaker sei eine "unbarmherzige und systematische" Ermordung gewesen. "(...) die Opfer hatten sich auf die Vereinten Nationen, auf den internationalen Schutz verlassen. Wir, die internationale Gemeinschaft, haben sie verraten. Dies war eine riesige, kollektive und schändliche Unterlassung", wird Solana zitiert.

"Wir dürfen nicht vergessen, dass Srebrenica eine Folge davon war, dass es dort an Europa mangelte. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die magnetische Anziehungskraft Europas mehr denn je der Hauptfaktor des internationalen Friedens und der Stabilität ist", so der Außenbeauftragte der Europäischen Union weiter. Er betonte, dass eine Integration Bosniens in die EU ohne Versöhnung nicht möglich sei. Die Versöhnung hänge wiederum davon ab, dass Gerechtigkeit walte. "Bosnien kann sich nicht vorwärts bewegen, solange die Geister von Srebrenica nicht in Frieden ruhen und einige der Angeklagten, allen voran (die einstigen bosnischen Serben-Führer) Radovan Karadzic und Ratko Mladic noch auf freiem Fuß sind."

Beisetzung von 610 Opfern

Bei der Feierstunde werden die Überreste von 610 identifizierten Opfern des Massakers beigesetzt. Am 11. Juli 1995 eroberten bosnisch-serbische Einheiten die UNO-Schutzzone in der ostbosnischen Moslem-Enklave Srebrenica. In den folgenden Tagen töteten sie bis zu 8.000 moslemische Buben und Männer. (APA)