Graz - Ein internes Papier der ÖVP sorgt in der Steiermark für Aufregung. Das Dokument, das den steirischen Grünen zugespielt wurde, hat den Titel "Medienschulung Team Steiermark – Modul 1 Leserbriefe und Postings" und beschreibt, wie diese parteigerecht gestaltet werden sollten.

"SPÖ besser aufgestellt"

Im Text des ÖVP-Papiers heißt es unter anderem: "Postings und Leserbriefe werden derzeit hauptsächlich von Mitarbeitern der Partei und der politischen Büros verfasst und über Teil- und Bezirksorganisationen verteilt. Während die Leserbriefschiene schon relativ gut funktioniert, gibt es im Bereich der Postings noch großen Nachholbedarf. Insbesondere außerhalb der Bürozeiten ist die SPÖ wesentlich besser aufgestellt." Und: "FLH sind Postings ein besonderes Anliegen".

"Untergriffig und unsachlich"

Während Leserbriefe in erster Linie sachbezogen sein sollten, gelten für Postings die folgenden VP-Richtlinien: Kurz und leicht verständlich, Parteiwording vermeiden, müssen nicht unbedingt perfekt zum Thema passen und "können auch unsachlich und untergriffig sein (Schimpfworte sind allerdings zu vermeiden, sonst kommt die Zensur".

Grüne: "Überschreitet jedes Maß an Erträglichem"

Das Papier sorgt bei den anderen Parteien für herbe Kritik. Grünen-Chefin Ingrid Lechner-Sonnek: "Landeshauptfrau Klasnic und ihren MitstreiterInnen scheinen alle Mittel recht zu sein". Sie verstehe natürlich, dass die ÖVP "das Ende ihrer jahrzehntelangen Herrschaft im Fürstentum kommen sieht – diese Methoden der Manipulation überschreiten jedoch jedes Maß des Erträglichen."

Darabos: "Übelste Wahlkampfmethoden"

Auch von der SPÖ kommt Kritik. "Offensichtlich hochgradig nervös" greife die ÖVP-Steiermark zu "übelsten Wahlkampfmethoden und Manipulationstricks", meint Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos. Mit dem Papier liege Schwarz auf Weiß vor, dass die ÖVP-Steiermark zu gefaketen Postings und untergriffigen Leserbriefen, also zu unlauteren Mitteln aufruft. "Landeshauptfrau Klasnic, der laut VP-Wahlkampfknigge Postings ein besonderes Anliegen sind, ist offensichtlich jedes Mittel zum Machterhalt in der Steiermark recht. Die Steirerinnen und Steirer wird es wohl weniger freuen, wenn die Landeshauptfrau derart tief in die Trickkiste greift", so Darabos, der hinter dem Papier die "Giftküche Lopatkas" vermutet.

Schnider bestätigt

Der Landesgeschäftsführer der steirischen ÖVP, Andreas Schnider, bestätigte die "Medienschulung", diese "Zusammenfassung" sei aber weder beschlossen noch abgesegnet gewesen. Als das interne Papier öffentlich wurde saß Schnider gerade mit Vertretern der KPÖ, der "Liste Hirschmann" und der "Liste der Nichtwähler" am Verhandlungstisch, an den BZÖ-Chef Gerald Grosz am Montagvormittag geladen hatte, um sich über "Fairness im Wahlkampf" auszutauschen. Denn die Auseinandersetzung - vor allem zwischen SPÖ und ÖVP - entferne sich immer weiter von Sachpolitik, findet jenes orange Bündnis, dessen Antreten bei der Landtagswahl am 2. Oktober mehr als ungewiss ist. Tatsächlich waren Worte wie "Drecksbagage", "Faulpelz" oder "Möchtegernlandeshauptmann" durch den medialen Blätterwald gerauscht. (cms/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. Juli 2005/rasch)