Bonn - Wissenschaftler des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) haben eine neue Mutation bei Epilepsie-Patienten mit Gedächtnisproblemen entdeckt. Die Forscher gehen nun davon aus, dass genetische Veränderungen, die eine bestimmte Form der Epilepsie verursachen, möglicherweise auch das Gedächtnis beeinträchtigen können, berichten sie in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Neurobiology of Disease.

Das Forscherteam hat eine bisher unbekannte Veränderung in dem Gen CHRNB2, das die Bauanleitung für ein Protein trägt, das in nahezu allen Hirnregionen vorkommt, untersucht. Dieses Protein ist Bestandteil eines Ionenkanals in der Hülle von Nervenzellen, der die Antwort auf bestimmte Botenstoffe reguliert. Die bisher unbekannte Mutation fanden die Wissenschaftler bei einem Zwillingspaar, das unter einer Form der Epilepsie leidet, die vom vorderen Teil des Gehirns ausgeht und meistens in einer Phase des leichten Schlafes auftritt. Beide Mädchen haben darüber hinaus große Sprach- und Leseschwierigkeiten und können sich sprachlich vermittelte Informationen kaum merken. Bei Tests mit verbalen Gedächtnisaufgaben schnitten die Kinder sehr schlecht ab.

Mutation kann auch auch zu Schizophrenie führen

"Bei anderen Patienten, die an dieser Epilepsieform leiden, haben wir so etwas bisher noch nicht festgestellt. Deshalb vermuten wir, dass die Gedächtnisprobleme auf die neu entdeckte Mutation zurückzuführen sind", erklärt die Münchner Humangenetikerin Ortrud Steinlein. Untersuchungen an dem eng verwandten Gen CHRNA4 bestätigen die Vermutung der Wissenschaftler. Gewisse Mutationen dieses Gens führen nämlich nicht nur zu Epilepsie, sondern können auch geistige Behinderung, Schizophrenie und andere Nervenerkrankungen hervorrufen. "Offenbar spielen diese Gene bei wesentlich mehr Gehirnfunktionen eine Rolle als zunächst angenommen", meint Steinlein. (pte)