Foto: D,M&B
Zugegeben, bei Werbung und ihren Strategien kenne ich mich nicht wirklich aus. Keinen WU-Kurs besucht, nie Plakate gepickt. Trotzdem dachte ich bisher, das Anliegen von Werbung sei es, den Konsumenten ein Produkt als möglichst unentbehrlich anzupreisen, auf dass diese in Scharen zu den Abgabestellen von Kinderkloduftsprays, neuen Autos oder Halbpreisschnitzeln strömen. Aber: Irrtum!

Zurzeit läuft nämlich eine Fernsehwerbung für Trinkwasser in Flaschen, die all meine diesbezüglichen Vorstellungen durcheinander wirft. Man sieht eine höchst ungesund wirkende, ja, fast durchsichtig erscheinende junge Frau, die – verirrt? – einen Steg entlangläuft.

Bohnenstange, die sie ist, verliert sie durch eine für ihren fragilen Bewegungsapparat ungesund wirkende einseitig geschulterte Tragetasche glatt das Gleichgewicht. Statt jedoch ins Wasser zu entschweben - fallen geht bei dem Gewicht wohl gar nicht mehr - erbarmt sich ein gerade zufällig des Weges kommender Matrose, streckt einen Ärmel aus – und richtet die Durchsichtige auf.

Dabei lächelt diese müde und erhebt eine Hand schwächlich zum Victory-Zeichen, wirkt dabei jedoch weniger wie eine Siegerin, sondern wie reif für eine "Heilbehandlung" – wie unfreiwillige Nahrungsaufnahme neuerdings heißt.

Jetzt kommt’s: Ausgerechnet die Tasche, die diese sich offenbar nur von Wasser ernährende Dame in ihre missliche Situation gebracht hat, die soll den Konsumenten schmackhaft gemacht werden. Also mir ist das zu hoch. (flu/DER STANDARD, Printausgabe, 13.7.2005)