Italiens Innenminister Giuseppe Pisanu nennt sie "Zentren für zeitweiligen Aufenthalt". Für den Präsidenten der Region Apulien, Nichi Vendola, verdienen sie die Bezeichnung "Konzentrationslager". "Wie soll man eine Ansammlung von Baracken nennen, die mit Stacheldraht umzäunt sind, von Scheinwerfern angestrahlt werden und wo die Befehle über Lautsprecher erteilt werden?", erregt sich Vendola.

Italiens 15 Auffanglager für illegale Einwanderer (sie kommen in den schlimmsten Fällen mit Schlepperschiffen aus Nordafrika) sorgen wieder einmal für Polemik. 14 vom Linksbündnis regierte Regionen haben jetzt die Regierung zur Schließung der umstrittenen Lager aufgefordert. In Bari unterzeichneten die zuständigen Politiker ein Dokument, in dem sie Innenminister Pisanu zur "gemeinsamen Diskussion über eine neue, menschenwürdige Migrationspolitik" einladen.

Pisanu wertet die Forderung nach Schließung der Lager als "pure Demagogie". Nicht ohne Häme erinnert der Innenminister daran, dass die Auffanglager unter der Regierung D'Alema eingerichtet wurden. "Ihre Schließung wäre ein fatales Signal. Fast 40 Prozent aller Straftaten werden von illegalen Ausländern verübt", warnt Pisanu.

Die Zustände in den Lagern, in denen Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung bis zu zwei Monate festgehalten werde können, werden von den Regionsvertretern vielfach als "unhaltbar" kritisiert. In jenem von Trapani auf Sizilien sind bis zu 15 Insassen in durchwegs engen, stickigen Räumen untergebracht. Misshandlungen und die Verwendung von Psychopharmaka seien "alltägliche Praxis", kritisiert eine Parlamentsdelegation.

Mangelnde Hygiene

Andrea Accordi von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen bezeichnet das Lager als "absolut unzumutbar." In einem Bericht über die 15 Zentren kritisieren seine Mitarbeiter "Beengtheit, ungeeignete Gebäude, mangelnde hygienische Voraussetzungen und fehlenden Rechtsschutz".

Dem Präsidenten von Kalabrien, Ignazio Loiero, der das Lager von Crotone in der von ihm geführten Region besichtigen wollte, wurde erst nach zehnstündigem Tauziehen der Zugang gestattet. Was er in Crotone zu sehen bekam, war sogar für den Abgeordneten Roberto Caruso von der Nationalen Allianz zu viel des Schlechten: "In den Lagern gibt es unerträgliche Situationen." (DER STANDARD, Printausgabe, 13.7.2005)