Indianer mit Feder und Pferd: Der geliebte Mythos vom harten, aber gerechten Wilden Westen. "Into the West", die erfolgreiche Westernserie, von Steven Spielberg produziert.

Foto:TNT
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Im US-TV läuft die Spielberg-Serie "Into the West" mit großem Erfolg. Sie wärmt den Gründungsmythos auf und spart nicht mit selbstgefälligen Klischees. In politisch rauen Zeiten wird Familienprogramm geboten.

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Der wahre Feind des Menschen ist die Natur: Das erste Massaker an Indianern wurde nicht durch die Kavallerie verursacht, sondern durch eine Herde trampelnder Büffel. Den ersten Skalp eines "Bleichgesichts" holte sich kein Indianer auf dem Kriegspfad, sondern ein wütender Grizzly. "Ich kam in den Westen, um mein Glück zu finden", sagt einer der Protagonisten, und im Hintergrund flattert die amerikanische Fahne im Wind: Mit der Westernserie Into the West erfindet der US-Sender TNT seit Juni in zwölf Teilen die Geschichte Amerikas in bewährten Bildern. Vor wildromantischer Kulisse schnauben Büffelherden, glüht Abendrot, pfaucht die Dampflok: Der geliebte Mythos vom harten, aber gerechten Wilden Westen wird bombastisch und berückend unironisch aufbereitet.

Politisch korrekt erhalten alle Beteiligten ihr Forum: Dort die angelsächsische Familie Wheeler, da die Indianersippe aus dem Stamm der Lakota auf den Prärien des Mittleren Westens zwischen 1825 und 1891. Historische Wirklichkeiten wie die Schlacht am Wounded Knee oder die katastrophalen Krankheiten, die Einwanderer ins Land brachten, bleiben dabei keineswegs ausgespart. Und doch wird kein Klischee ausgelassen.

Gründungsmythos

Mit Deadwood, jener schäbig-schönen Westernserie des Bezahlsenders HBO, in der zum Tode verurteilte Rechtsbrecher Schweinen zum Fraß vorgeworfen wurden, hat Into the West nichts zu tun. Am Gründungsmythos wird nicht ernsthaft gekratzt.

Der technische Bombast bewegt sich in Dimensionen, die dem Namen Spielberg gerecht werden: Mehr als fünfzig Millionen Dollar verschlang das Spektakel, gedreht wurde für Fernsehverhältnisse luxuriöse sechs Monate lang. 15.000 Komparsen und prominente Hauptdarsteller wie Keith Carradine, Tom Berenger oder Beau Bridges spielen mit - Kinoproduktionen können von einer solchen Ausstattung nur träumen.

"Phlegmatisches Schlafmittel

Die US-Presse reagierte nach dem Start verhalten bis skeptisch. "Ein bleiches und phlegmatisches Schlafmittel", mäkelte etwa die Washington Post. Das Publikum kümmert sich darum kaum, bis zu zehn Millionen schauen zu.

In politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten, Programm für die ganze Familie zu machen: Mit Historienschinken gelingt dergleichen seit jeher am einfachsten und darin gefällt sich das US-TV. Bald schon bietet sich wieder Gelegenheit im Schwelgen: ABC zeigt demnächst Julius Cäsar im Sechsteiler Empire, auf HBO läuft im Herbst in zwölf Teilen Rome. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 14.7.2005)