Kremsmünster - "Dass sich aus dem anfänglichen Chaos durch Zufall so etwas wie ein Mensch entwickelt hat, ist der bestmögliche Beweis für einen göttlichen Plan". Diese Worte stammen nicht etwa aus dem Mund eines christlichen Theologen, sondern vielmehr von Walter Thirring, einem renommierten Wiener Physiker und Einsteinschüler. Unter dem Titel "Gottes Spuren in den Naturwissenschaften" referierte er am Donnerstag bei der Ökumenischen Sommerakademie in Kremsmünster.

Aus mathematisch-naturwissenschaftlicher Sichtweise würde die Entstehung des Kosmos und der Sterne auf Zufällen beruhen, die mit größter Präzision zum richtigen Zeitpunkt eingetreten sind. Auch das menschliche Leben sei innerhalb der Multiversen (mehrere Universen) das Produkt eines sehr unwahrscheinlichen Zufalles, der eben auch einmal eintreten muss, so Thirring.

Aus der kosmischen Evolution könnte man zwar keinen direkten Beweis im mathematischen Sinn für die Existenz Gottes herauslesen, da es zu viele andere logisch tragbare Sichtweisen gebe. Allerdings, so meinte der Physiker: "Wie soll man einen solchen Beweis auch finden?"

Für Thirring selbst sei eine agnostische Haltung als Resultat der mathematisch-naturwissenschaftlichen Betrachtung der Weltentstehung nicht denkbar. Er gehe vielmehr davon aus, dass die Naturwissenschaft einen Beitrag dazu leiste, den Reichtum Gottes zu erkennen und dass jede neue Erkenntnis ihn nur noch prächtiger erstrahlen lasse. (APA)