Mailand - Im italienischen Bankwesen, besser gesagt bei der italienischen Notenbank Banca d'Italia, wird mit zweierlei Maß gemessen. Während Zentralbankchef Antonio Fazio keinerlei Einwände hatte, dass Unicredit die deutsche HypoVereinsbank (HVB) samt der österreichischen Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) schlucken will, sträubt er sich mit allen Mitteln gegen die Übernahme italienischer Banken durch ausländische Kreditinstitute.

Relativ unbedeutende Banken

Dabei handelt es sich keineswegs um Großbanken wie etwa die HVB in Deutschland oder die BA in Österreich. Die Objekte der Begierde sind relativ unbedeutende Banken: Banca Nazionale del Lavoro (BNL) steht auf Rangliste sechs des italienischen Kreditgewerbes und schrieb 2004 noch rote Zahlen. Und die Volksbank Antonveneta (Rang neun) konzentriert ihre Tätigkeiten weit gehend auf Nordostitalien.

Nun ist bekannt geworden, dass der italienische Versicherungskonzern Unipol ein Offert für die BNL angegeben hat, daran scheiterte die spanische BBVA bei ihren Expansionsbestrebungen in Italien. 6,4 Mrd. Euro wollten sich die Spanier, die bereits 15 Prozent der BNL kontrollieren, die Übernahme kosten lassen.

Sie bewerteten eine BNL-Aktie mit 2,5 Euro. Der genossenschaftlich organisierte Versicherer Unipol mit zehn Prozent Anteilen an BNL bietet über acht Mrd. Euro. Unipol will 27 Prozent Anteile der im "Gegenpakt" vereinigten BNL-Großaktionäre, die sich seit jeher gegen die spanische Übernahme sträubten, zum Preis von 2,70 Euro pro der BNL abkaufen.

Nachdem Unipol danach über 30 Prozent der BNL verfügte, muss der Konzern ein öffentliches Übernahmeangebot präsentieren. Die spanische BBVA will das nicht hinnehmen - und gerichtlich gegen Unipol vorgehen. Trotzdem räumen ihr Mailänder Finanzkreise kaum noch Chancen bei BNL ein.

Schutzwall gegen Auslandsbanken

Ähnlich sieht es bei der Volksbank Antonveneta aus. Die Barofferte der niederländischen ABN Amro Bank wurde durch das Vorgehen der kleinen Banca Popolare Italiana, alias Volksbank von Lodi, überrundet.

Zweifellos wurden Popolare Italiana sowie Unipol bei ihren Entscheidungen von Zentralbankchef Antonio Fazio unterstützt. Dieser hat als Vorsteher der Kreditaufsichtsbehörde bei Allianzen und Fusionen das Sagen. "Das Bankwesen muss italienisch bleiben", predigt Fazio seit Jahren.

Seine protektionistischen Bestrebungen wurden von den Politikern in Rom gefördert, obwohl die EU-Kommissare auf das Einhalten der Wettbewerbsregeln drängten. Skeptisch über die Entwicklung im italienischen Banksektor zeigen sich die Großbanker selbst.

"Ich bin für den freien Wettbewerb im Bankensektor" kritisierte Unicredit-Chef Alessandro Profumo das Vorgehen Fazios. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.07.2005)