Die im Iran erfolgte Hinrichtung zweier Jugendlicher wegen homosexueller Handlungen hat internationale Proteste entfacht - iranische Zeitungen rechtfertigen sie mit angeblicher "Schändung" eines 13-Jährigen.

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Mashad/Wien/Washington - Dass Schwulsein in ihrem Heimatland Iran unter Todesandrohung verboten ist, hätten sie nicht gewusst. So lautete, ihrem Anwalt Rohollah Razez Zadeh zufolge, die Rechtfertigung der zwei jungen Burschen, bevor sie am 19. Juli 2005 in der iranischen Stadt Mashad durch Erhängen hingerichtet wurden. International hat die Verurteilung und Tötung Mohammad Askaris und Ayad Marhunis, die zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen homosexuellen Handlungen 16, respektive 14 oder 15 Jahre alt waren, zu scharfen Protesten geführt.

Blogger aus der iranischen Homosexuellenbewegung, die aus dem digitalen wie sozialen Untergrund heraus agiert, hatten den Fall weltweit publik gemacht - über die in den regierungstreuen iranischen Zeitungen geschilderte Version hinaus.

EU-Forderung

Der EU-Ratsvorsitz forderte daraufhin den Iran in einer Stellungnahme dringend auf, ein im Oktober 2004 von Teheran in Aussicht gestelltes Auspeitschungs- und Hinrichtungsmoratorium für Minderjährige endlich umzusetzen. Im Iran selbst protestierte die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebedadi, in Österreich forderte die Homosexuelleninitiative (Hosi) Wien Außenministerin Ursula Plassnik zu Schritten auf.

Vorgeworfen wurde den Burschen - Angehörigen der arabischen Minderheit im Iran -, im gegenseitigen Einverständnis Sex miteinander gehabt zu haben. Darauf steht laut iranischem Strafgesetz der Tod - bei Schwulen, wenn "vier rechtschaffene Männer" als Zeugen aussagen, bei Lesben nach bezeugter dreimaliger Wiederholung.

Doch selbst das martialische, von der islamischen Scharia beeinflusste Rechtswerk beschränkt solche Hinrichtungen auf Volljährige. Die Burschen hätten auch einen 13-Jährigen "geschändet", rückten daraufhin offizielle iranische Medien die angeblich besondere Verwerflichkeit der Vorkommnisse in den Mittelpunkt. Prompt erfuhren die internationalen Proteste einen Dämpfer, vor allem jene aus den USA.

Kaum Besserung

Seit der Machtübernahme der Ayatollahs seien im Iran insgesamt rund 4000 Schwule und Lesben hingerichtet worden, darunter auch Minderjährige, erläutert in Österreich indes Kurt Krickler von der Hosi. Zwar befinde sich die iranische Gesellschaft an Teilen ihrer Basis auf dem Weg der Liberalisierung - im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf traten erstmals Kandidaten an, die "Respekt für verschiedene Lebensstile" forderten -, doch der Wahlsieg des Hardliners Mahmud Ahmadi-Nejad verheiße für die kommenden Jahre kein offizielles Entgegenkommen.

Unter Todesstrafendrohung stehen praktizierende Homosexuelle weltweit derzeit in neun Staaten - "allesamt Länder mit islamischem Scharia-Recht", weiß Krickler. Verboten sind freiwillige schwule und lesbische Beziehungen darüber hinaus in 66 Ländern, vor allem afrikanischen und asiatischen. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 1.8.2005)