Sofia - Der Führer der neuen ultranationalistischen Partei in Bulgarien "Ataka" (Attacke), Wolen Siderow, hat im Gespräch mit der APA in Sofia "Sanktionen" gegen die Minderheit der Roma eingefordert, die er als "Gruppe mit Privilegien" bezeichnet. In Roma-Vierteln werde seit "sieben, acht Jahren der Strom nicht bezahlt", empörte sich Siderow. Dies führe zu "Spannungen in der Bevölkerung", so der Ataka-Chef, der mit seiner Partei bei der Parlamentswahl Ende Juni mit einem aggressiven, extrem nationalistischen Programm überraschend acht Prozent erreicht hat und mit 21 Abgeordneten ins Parlament (insgesamt 240 Sitze) eingezogen ist.

Gegen "Belehrung von außen"

Der 49-jährige Journalist verwehrte sich gleichzeitig gegen "Belehrung von außen" in dieser Frage und erklärte Integration zu einer "Sache des Individuums" und weniger des Staates. "Die Roma sollen arbeiten gehen, ihre Kinder in die Schule schicken und erst dann ihre Rechte suchen." Jeder einzelne solle sich von sich aus integrieren und nicht "hinter der Gruppe verstecken". Eine Gruppe, die seiner Meinung nach die "Angewohnheit hat, andere zu berauben und mit dem Geraubten zu leben". Dass alle Arbeit finden, davon ist Siderow überzeugt: "Sie müssen halt nehmen, was man ihnen gibt". Von "Lagern für Zigeuner", wie sie Siderow im Wahlkampf gefordert hatte, war keine Rede mehr.

Kritik übte er an der EU, die "Bulgarien beschuldigt, nichts für die Integration der Minderheiten im Land zu tun". Dabei seien die NGOs oft gar nicht daran interessiert, die Integration voranzutreiben, weil sie für ihre Arbeit viel Geld bekommen. "Sie sind gut im Beschuldigen, helfen den Leuten aber nicht." "Belehrungen von außen sind leicht", so Siderow in Richtung EU, "aber ihr schickt die Zigeuner an euren Grenzen auch zurück". "Wollt ihr die Zigeuner haben? Warum nehmt ihr sie nicht und integriert sie?".

Über EU gebe es "nur Propaganda und Desinformation"

Es wäre "Masochismus, jemanden zu heiraten, der einen schlägt und beraubt". Mit dieser Metapher umschreibt Siderow gegenüber der APA seine Position zum EU-Beitritt des Landes. Er schwächte aber gleichzeitig frühere Aussagen, wonach Ataka kategorisch gegen die EU-Mitgliedschaft ist, ab. Man müsse sich erst "genau anschauen, was in den Verträgen steht, die abgeschlossen wurden" und ob sie Nachteile für Bulgarien brächten.

Als Beispiel für negative Folgen eines EU-Beitritts bemühte der Parteichef Artikeln aus der Wochenzeitung "Zur Zeit". Konkret habe er sich in der Publikation des FPÖ-Europaparlamentariers Andreas Mölzer über "massenhafte Schließungen von Kleinbetrieben in Österreich nach dem Beitritt in die Union" informiert. "In Bulgarien wird über die EU gesprochen, wie von einem Paradies, über das man nichts Schlechtes sagen darf", kritisierte Siderow. "Bei uns gibt es nur Propaganda und Desinformation. Wir wissen nicht, was in den Kapiteln steht, die wir mit der EU abgeschlossen haben. Und das wollen wir jetzt prüfen."

Als "nationalen Verrat" betrachte er etwa die mit Brüssel vereinbarte vorzeitige Schließung veralteter Reaktoren im Atomkraftwerk Kosloduj an der Donau bis Ende 2006. Es seien "Länder wie Österreich, die keine Atomenergie haben, die auf dieser Übereinkunft bestanden haben". Siderow forderte von der bulgarischen Regierung die gleiche Wehrhaftigkeit in dieser Frage, wie sie "Tschechien in Konflikt mit Österreich" gezeigt habe. (APA)